Mathias Schober: Auszeichnung unserer Arbeit

Auch die Knappenschmiede muss sich aktuell erneut in ungewohnten Umständen zurechtfinden. Der Sportliche Leiter Mathias Schober erklärt im Interview, wie der S04-Nachwuchs die Situation meistert, wieso das Jahr 2020 kein verlorenes ist, und welche Rolle die Knappenschmiede in der Zukunft spielen wird.

Hat die erneute Unterbrechung des Spielbetriebs der U8 bis U19 auch Auswirkungen auf deine Arbeit als Sportlicher Leiter der Knappenschmiede?
Ich merke die Einschränkungen vor allem am Wochenende. Da kein Spielbetrieb und auch kein Training stattfinden, kann ich die Spiele unserer Nachwuchsteams am Wochenende nicht mehr anschauen. Normalerweise bin ich regelmäßig samstags und sonntags bei den Partien dabei. Im Moment behelfe ich mir mit Videoaufnahmen von alten Spielen und gucke mir so die Spieler an.

Wie gehst du in dieser Situation die Planung für die nächste Saison an? Welche Aufgaben stehen im Vordergrund?
Aktuell beschäftige ich mich vorrangig mit der Kaderplanung. Dazu gehören Perspektiv- und Übernahmegesprächen mit den aktuellen Spielern, sowie die Planung möglicher Neuverpflichtungen. Vor allem bei den älteren Jahrgängen ist das nicht schwer, da ich die Spieler schon länger kenne und sie bereits über einen längeren Zeitraum beobachte. Im Grundlagenbereich ist es nicht ganz so einfach. Oft fehlt es hier an Videomaterial der Jungs, was es mir schwer macht, die Talente einzuschätzen. Hier wäre es gut, wenn ich die Spiele oder das Training live beobachten könnte.

Wie sehr leiden die Nachwuchsförderung und die Ausbildung der Spieler unter dieser Zwangspause?
Die persönliche Entwicklung bleibt streckenweise ein wenig stehen. Zwar können wir das Training mit Homeworkouts einigermaßen aufrechterhalten, aber die Wettkampfpraxis fehlt. Man ist schließlich Fußballer, um eine Saison zu spielen und sich in Duellen mit anderen Sportlern zu messen und dabei weiterzuentwickeln. Wir geben den Jungs zwar individuelle Trainingspläne für zu Hause mit, aber das ersetzt das tägliche Training nur bedingt. Im athletischen und technischen Bereich können sich die Spieler damit ganz gut fit halten. Defizite sehe ich aber im taktischen Bereich. Verschiedene Spielformen und Zweikämpfe sind nicht möglich. In Videokonferenzen kommen die Teams häufig virtuell zusammen, um gemeinsam online Trainingseinheiten zu absolvieren. Auch für die Trainer haben wir digitale Fortbildungsmöglichkeiten geschaffen, sodass auch sie die spiel- und trainingsfreie Zeit zur Weiterbildung nutzen können.

Wie schafft ihr es, die Teams trotz Abstand zusammen zu halten und mit den Jungs in Kontakt zu bleiben?
Wie bereits erwähnt kommen die Spieler regelmäßig virtuell zusammen. Ob sie nun gemeinsam vor dem Laptop Karneval feiern oder in verschiedenen Wettkämpfen gegeneinander antreten – die Jungs sind immer topmotiviert. Zuletzt trat unsere U13 in einer virtuellen Challenge sogar gegen den gleichaltrigen Nachwuchs des FC Augsburg an. Eine weitere Aktion, um den Spielern in dieser Zeit etwas Unterhaltung zu bieten, war die Geschenkaktion vor Weihnachten. Dabei besuchte je ein Trainer einer Mannschaft die Spieler zu Hause, stellte ein kleines Geschenk vor die Tür und überbrachte aus der Ferne Weihnachtsgrüße.

Wie erlebst du den Austausch mit den Trainern?
Relativ normal. Große Sitzungen halten wir selbstredend nicht ab, dafür schließen wir uns regelmäßig in Online-Sitzungen kurz. Wie auch die Spieler mussten wir uns erstmal umgewöhnen, denn das Händeschütteln und Einschlagen gehört normalerweise zum königsblauen Knigge der Knappenschmiede. Mittlerweile haben wir uns an den Faustgruß gewöhnt.

Welche strukturellen Veränderungen hat der königsblaue Nachwuchsbereich durch die Pandemie erfahren?
Die neuen Aufgaben haben wir intern verteilt. Max Balster ordnet die Angelegenheiten als Corona-Beauftragter der Knappenschmiede, für den Gesamtverein trägt Björn Rommeswinkel als Mitarbeiter für Arbeitssicherheit und Brandschutz die Verantwortung. Und auch mit Dr. Patrick Ingelfinger als Mannschaftsarzt der Profis stehen wir im regelmäßigen Austausch, was Maßnahmen und Nachverfolgungen angeht.

Spürt ihr in anderen Nachwuchsbereichen Auswirkungen durch die Pandemie?
Die Kooperation mit unseren Partnerclubs hat schon ziemlich unter der Situation gelitten. Normalerweise veranstalten wir gemeinsame Talenttage oder Torwart-Trainingseinheiten, die wir diesmal leider absagen mussten. Auch wenn einzelne Events umsetzbar gewesen wären, wollten wir unter den Clubs nicht auch noch mischen und unnötig Dynamik in vermeidbare Begegnungen bringen. Wir waren froh, in den Sommermonaten überhaupt wieder trainieren zu dürfen und mussten deshalb abwägen. Für die Kooperationsvereine war das sehr bedauerlich, aber für alle zählt die Gesundheit.

In welchen Punkten wollt ihr den Nachwuchs nun weiterentwickeln?
Wir forcieren nach wie vor die enge Zusammenarbeit mit dem Fußballkreis 12. Auch im Scouting konnten wir während der Pandemie viele wichtige Dinge voranbringen. Und den regionalen Ansatz wollen wir dort weiter ganz bewusst verfolgen: Im Grundlagen- und Aufbaubereich sichten wir in der näheren Umgebung, anschließend wird der Radius größer. Dabei laufen wir aber nicht mit Scheuklappen durch die Gegend. Wenn irgendwo ein Toptalent auf sich aufmerksam macht, kann es immer mal die Ausnahme geben. Wir wollen uns schließlich nicht den Vorwurf machen müssen, einen künftigen Bundesliga-Spieler nicht ins Blickfeld genommen zu haben.

So können wir den Jungs die Werte und die Mentalität auf Schalke so authentisch wie möglich näherbringen.

Mathias Schober

Inzwischen sind eine ganze Reihe Schalker Ex-Profis in der Knappenschmiede tätig. Setzt ihr bei der Verpflichtung neuer Mitarbeiter verstärkt auf Schalke-DNA?
Ja, mit Norbert Elgert, Gerald Asamoah, Tomasz Waldoch oder Martin Max – um nur ein paar zu nennen – haben wir einige ehemalige S04-Profis in unseren Reihen. Wir versuchen schon immer wieder, ehemalige Schalker für die Arbeit in der Knappenschmiede zu begeistern. So können wir den Jungs die Werte und die Mentalität auf Schalke so authentisch wie möglich näherbringen.

Mit dem Parkstadion hat die Knappenschmiede nun auch endlich eine Heimspielstätte auf dem Vereinsgelände. Ein Meilenstein?
Unbedingt! Es freut uns alle sehr, dass mit dem umgebauten Parkstadion nun alle Teams ihre Heimspiele auf Schalke austragen können. Mit dem Umbau des Parkstadions wird der fast 40-jährigen Geschichte als Heimspielstätte der Bundesliga-Mannschaft Rechnung getragen.

Infrastrukturell ist auf dem Schalker Feld in den letzten Jahren viel passiert. Welche positiven Auswirkungen hat das?
Das ist recht einfach zu beantworten. Allein wenn wir die Anzahl der Plätze anschauen, die wir nun zur Verfügung haben, hat sich hier viel verändert. Nun müssen beispielsweise nicht mehr vier Teams auf einem Platz trainieren. Die U17, U19 und U23 haben sogar je einen eigenen Trainingsplatz. Auch die Bürosituation der Trainer hat sich deutlich verbessert. Kurze Kommunikationswege schaffen nun Synergien, die sicherlich zur Optimierung der Abläufe beitragen.

Wie beurteilst du den aktuellen Stellenwert der Knappenschmiede für den FC Schalke 04?
Dass sich 2020 mehr als eine Handvoll Talente bei den Profis zeigen durften, war sicherlich auch der angespannten Situation geschuldet, ist aber ebenso als Auszeichnung für unsere Arbeit zu verstehen. Sie konnten auf dem Niveau mithalten, einige Spielminuten sammeln und sich teilweise festspielen, das spricht für die Wertigkeit des Nachwuchses.

Wie wichtig wird die Knappenschmiede in den kommenden Jahren sein?
Sie war es schon immer und wird es auch bleiben. Für die Zukunft des Clubs kann es nur von Vorteil sein, die eigenen Talente so gut zu fördern, denn für die eigene Identifikation sind sie von großem Wert. Zumal in den kommenden Jahren auf dem Transfermarkt keine riesigen Sprünge zu erwarten sind. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass die Kriterien für den Schritt zu den Profis weicher werden. Wir arbeiten unverändert daran, dass die Jungs mit der höchsten Qualität ihre Chance bekommen.

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