Borussia Mönchengladbach: Baustellen

Auch die Borussia aus Mönchengladbach ist angekommen in der medialen Debatte zur Bundesliga-Qualität. Nur hat sie weniger Ertrag eingefahren als die vielbeinige Konkurrenz mit Europa-Gedanken. An Problemfeldern mangelt es nicht.

Dabei haben sie eigentlich genug Baustellen an der Hennes-Weisweiler-Allee. Doch während neben dem Borussia-Park ein Hotel nebst Medizinkomplex und Nachwuchszentrum in die Höhe wächst, hat das Team irgendwie abgebaut. Mit 43 Punkten finden sich die Fohlen auf dem achten Tabellenplatz. Das ist knapp unter dem ersehnten Europapokalregal, andersrum betrachtet aber auch nur dreizehn Zähler über der Falltür in die Relegation.

Die Reise zum inzwischen amtlichen Deutschen Meister kann aus niederrheinischer Sicht als Spiegel genommen werden für die aktuelle Spielzeit. Hatte die Borussia Bayern München in der Hinrunde noch besiegen können, flog sie vor zwei Wochen mit der Pein einer unmissverständlichen 1:5-Klatsche heim. Der Mannschaft von Chef-Trainer Dieter Hecking ist über den Winter nicht nur die Leichtigkeit verflogen, sie hat oft nicht mal mehr den Knopf für den Kampfmodus gefunden. Gegen desolate Wolfsburger hat es im jüngsten Heimspiel immerhin auch so zu einem ungefährdeten 3:0 gereicht.

Die Herleitung für die Schwankungen ist vielschichtig. In trauriger Regelmäßigkeit und vom Torwart bis in den Sturm fraß eine Verletzungsmisere die Leistungsträger auf. In der Offensivabteilung schritten Könner wie Hazard, Stindl, Raffael oder Traore selten gemeinsam auf den Rasen; oder wieder herunter. Und wenn die Defensive mal beisammen war, wie jüngst in München, zerfiel das Gefüge trotz schlachtenerprobter Veteranen der Marke Vestergaard, Ginter und Kramer. 48 Gegentore bedeuten den viertletzten Platz in der Ligastatistik.

Viele Auftritte haben den Stromzähler in Mönchengladbach hochgetrieben. Sportdirektor Max Eberl entlud sich kürzlich im Disput mit Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann, einem Teil der Fans knallten die Sicherungen weg, als sie beim Heimsieg (!) gegen Hertha BSC erst ihren eigenen Keeper angingen und dann bei der Pöbelei gegen Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus die Gürtellinie auf Kniehöhe verorteten.

Bereits 2017 hatte der Verein die Saison nur auf Platz neun beendet. Nach zwei Jahren betörenden Champions-League-Dufts rümpfte mancher schon da die Nase. Mit Manchester City und dem FC Barcelona haben gesteigerte Erwartungen Einzug gehalten. Auch deswegen ist Eberl dieser Tage in Sachen PR unterwegs, wenn er mahnt, Gladbach sei längst nicht in der Lage, sich eine Dauerkarte für Europas Stadien leisten zu können.

Bei der aktuellen Saisonaufarbeitung gehören für ihn die Ursachen des hohen Verletztenaufkommens ebenso unters Brennglas wie die weitere Justierung am Kader, der viele Talente zählt, aber durchaus weitere Anführer verträgt. Nicht suchen will der 44-Jährige nach einem Trainer. Als Fans und Medien den aktuellen Stelleninhaber zunehmend ins Visier rückten, betonte Eberl, nicht mitziehen zu wollen. Erst vergangene Woche schoss sie wieder durch den Raum, die Frage, ob es mit Hecking auch in die nächste Spielzeit gehen werde. Die Antwort hatte zwei Buchstaben: ja. Dazwischen bleibt wenig Raum für Spekulationen.

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