Borussia Mönchengladbach: Wagemutig

Borussia Mönchengladbach spielt die beste Bundesliga-Saison seit den glorreichen Siebzigerjahren. Weil Chef-Trainer Dieter Hecking seinen Kontrollzwang abgelegt hat.

Dieter Hecking

Noch in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit stand der Coach unter Druck. Der Vorwurf: Die Borussia, die letztlich als enttäuschter Neunter einlief, agiere ängstlich und ideenlos. Der auf Sicherheit ausgerichtete Fußball vergraule die Fans. Doch Manager Max Eberl erlaubte keine Diskussion, sondern vertraute dem Gespür des erfahrenen Hecking. Dieser entschied sich im Sommer für einen Kurswechsel und wagte gegen den Bundesliga-Trend mehr Offensive. Im neuen 4-3-3 stimmt nun die Balance zwischen Abwehr und Angriff. Gladbach erzielte nach Bayern München und Borussia Dortmund die meisten Tore, keine Mannschaft fing sich weniger Gegentreffer.

Mittelfeld als Prunkstück

Basis ist das Mittelfeld, in dem Hecking oft auf einen rein defensiv ausgerichteten Akteur verzichtet und stattdessen den umsichtigen Sechser Tobias Strobl sowie die schnellen Techniker Florian Neuhaus und Jonas Hofmann einsetzt, die im Umschaltspiel in jede Lücke sprinten. Dank ihnen muss sich der mittlerweile europaweit umworbene Thorgan Hazard nicht wie zuvor weit fallen lassen, sondern agiert beinahe auf Höhe von Alassane Plea. Der Angreifer war im Sommer 2018 vom OGC Nizza an den Niederrhein gewechselt und rechtfertigte die Rekordablöse von 23 Millionen Euro mit bislang zehn Saisontoren.

Eine Taktik, mit der die Gladbacher in der Hinrunde als einzige Mannschaft alle Heimspiele gewannen und spätestens nach dem 3:0-Erfolg in München sogar in die Riege der Titelanwärter gedrängt wurden. Eberl reagierte auf derlei Prognosen beinahe gereizt, denn das Auf und Ab der vergangenen Jahre hat beim fünfmaligen Deutschen Meister für einen geschärften Realitätssinn gesorgt. Die größte Gefahr hat Hecking jüngst während der Wintervorbereitung in teils laschen Testspielen ausgemacht: „Ich habe eine Mannschaft, die genau weiß, wie gut sie ist. Das kann gefährlich werden.“

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