1. FC Köln: Temperaturschwankungen

Die Geißböcke deuten zu Saisonbeginn an, dass sie wie 2014/2015 auch im aktuellen Spieljahr nichts mit dem Abstieg zu tun haben wollen. Neunmal betraten sie in den vergangenen 15 Jahren den Fahrstuhl zwischen Bundesliga und Zweiter Liga, da bezeugen die jüngsten sicheren Jahre im Oberhaus so etwas wie Kontinuität. Aber Köln wäre nicht Köln, hinge nicht trotzdem irgendwo der Haussegen schief.

Mit stattlichen elf Punkten aus den ersten sieben Spieltagen sind die Kölner in die Saison gesprungen. Nach fünf Runden des diesjährigen Bundesliga-Karussells mag sich gar mancher Schwärmer aus der Domstadt ordentlich ins Fäustchen gelacht haben: „Endlich wieder die rheinische Nummer eins!“ Denn lang ist’s her, dass der „Effzeh“ sowohl Bayer Leverkusen als auch Erzrivale Borussia Mönchengladbach in der Tabelle von oben gegrüßt hat. Doch Kölner wissen nur zu gut: Auf Euphorie folgt oft der Blues. Gegen Hertha BSC und Aufsteiger Ingolstadt ließ die Mannschaft von Chef-Trainer Peter Stöger großzügig Punkte liegen. Leverkusen ist wieder vorbeigezogen, Mönchengladbach hat nach Katastrophenstart und Rücktritt Lucien Favres erst einmal die Kurve gekriegt.

Ungeachtet der rheinischen Animositäten überwiegt aber der Befund: Der 1. FC Köln bewegt sich in die richtige Richtung. Stöger schickt Spiel für Spiel eine gut organisierte, defensiv kompakt agierende Mannschaft auf das Feld. Das 2:6 gegen Eintracht Frankfurt haben sie im Ordner „Totalausfall“ abgeheftet. Und Zugang Anthony Modeste sorgt dafür, dass die Kölner Tor-Hymne „Wenn et Trömmelche jeht“ wieder öfters von den Rängen hallt. Fünfmal knipste der Stürmer bereits, weitere vier Treffer bereitete er vor – ein beeindruckender Einstand, zumal sein Name zu Hoffenheimer Zeiten nicht gerade erhöhte Torgefahr implizierte.

Gleichzeitig versucht der sachliche Stöger, den gewohnt hohen Erwartungsdruck des Kölner Umfelds zu dämpfen: „Die Leute denken, dass wir über Clubs wie Berlin, Hamburg oder Ingolstadt stehen müssen. Da muss man aufpassen.“ Mit Manager Jörg Schmadtke strebt er lieber nach einer nachhaltigen Entwicklung als nach dem unbedingten kurzfristigen Erfolg. Eine Lesart, die auch die Mannschaft pflegt. So forderte Torwart Timo Horn, realistisch zu bleiben: „Man darf jetzt nicht abheben und verlangen, dass wir um die Qualifikation für die Europa League spielen.“ Schließlich laute das Saisonziel, den Klassenerhalt zu schaffen, ohne in den gefährdeten Tabellenbereich zu rutschen. Derzeit beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz sieben Zähler.

Der Verein will nicht über die gewohnt launenhafte Gefühlslage in der Rheinmetropole stolpern. Beim 1:0-Derbysieg gegen Mönchengladbach fuhr das Team um Kapitän Matthias Lehmann den ersten Sieg gegen die Fohlen seit sieben Jahren ein. Balsam für die kölsche Seele. Doch ausgerechnet gegen Gladbach kühlte eisiges Schweigen der Südtribüne die Stimmung herab – Protest gegen Sicherheitsverschärfungen im Stadion. Die Mannschaft reagierte auf den Stimmungsboykott und blieb der Kurve beim Schaulaufen nach Abpfiff demonstrativ fern. Vorstand und Geschäftsführung stärkten dem Team anschließend den Rücken. Die Kernaussage: Das hat die Mannschaft nicht verdient.

Dennoch sucht der Verein den Dialog und den Schulterschluss mit der aktiven Fanszene. Was nach dem erfolgreichen Start in die Spielzeit zart erblüht war, soll nicht im Emotionsfrost erkalten. Die gute Nachricht hingegen lautet, und wer kennt Artikel 3 des Rheinischen Grundgesetzes besser als die Kölner: Et hätt noch emmer joot jejange.

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