FC Gütersloh: Rettung in der Nachspielzeit

Beinahe wäre für den FC Gütersloh der endgültige Schlusspfiff ertönt. Ein kleines Wunder konnte die Auflösung des einstigen Zweitligisten noch abwenden. Es wäre nicht die erste gewesen.

Fatmir Vata

Abschiedsstimmung wollte am 21. Mai 2017 nicht wirklich aufkommen. Viel zu schön war es an diesem Frühsommertag im Gütersloher Heidewaldstadion. Knapp 1.000 Fans ließen die Fahnen in der Heimkurve wie zu besten Zweitligazeiten wehen. Dabei wären Trauer und Demut angebracht gewesen, bestritt der FC Gütersloh gegen den TuS Erndtebrück doch das vermeintlich letzte Heimspiel seiner Vereinsgeschichte.

Elf Tage zuvor hatte der Club sein bevorstehendes Ende verkündet: „Der FC Gütersloh wird aufgelöst“, hieß es in einer Pressemitteilung, nach der die Saison in der Oberliga noch zu Ende gespielt, der Vereinsbetrieb danach aber umgehend eingestellt werde. Es war der letzte Hilfeschrei, nachdem die prekäre Finanzlage der Ostwestfalen bereits um den Jahreswechsel herum publik geworden war. Am 2. Januar 2017 reichte der FCG beim Amtsgericht Bielefeld einen Insolvenzantrag ein – ein Betrag im niedrigen sechsstelligen Bereich fehlte, um den Spielbetrieb für die laufende Saison aufrechtzuerhalten. Zwar gelang es, die Eröffnung des Verfahrens dank vielfältiger Spenden um einige Monate hinauszuzögern. Im Mai war dann jedoch keine wirtschaftliche Perspektive mehr für mindestens eine weitere Saison gegeben.

Das letzte Wort war damit aber noch nicht gesprochen. Die angekündigte Auflösung des Traditionsvereins sorgte deutschlandweit für Aufsehen – und brachte neue Impulse in die Bemühungen des Vorstands. Nur fünf Tage nach dem letzten Heimspiel verkündeten die Verantwortlichen die Rettung des Clubs. „Wir haben in den letzten Tagen die erforderlichen Sponsorenzusagen erhalten, die die Finanzierung des FCG für die nächsten drei Jahre sicherstellen. Damit ist uns die Rettung in der Nachspielzeit gelungen“, freute sich Hans-Hermann Kirschner, inzwischen Mitglied des Vorstands. Ein essentieller Bestandteil des Notversorgungsplans ist die Vereinbarung mit dem FC Schalke 04 über ein Benefizspiel. „Wir bedanken uns bei allen, die dem FCG geholfen haben. Klar ist aber auch: Die Arbeit beginnt jetzt erst. Die Leidenschaft und die Unterstützung wird der Verein auch in Zukunft brauchen“, richtete Kirschners Vorstandskollege Frank Neuhaus den Blick nach vorne.

Kurz vor knapp entging der Gütersloher Fußballclub damit seiner zweiten Neugründung. Im Jahr 2000 war der Vorgängerverein unter einer millionenschweren Schuldenlast zusammengebrochen. Nur zwei Jahre zuvor erlebten die Ostwestfalen die beste Saison ihrer Vereinsgeschichte, an deren Ende der fünfte Platz in der 2. Bundesliga stand. Drei Spielzeiten lang hielt sich der FCG im Unterhaus. Nicht nur auf Schalke bekannte Namen wie Heribert Bruchhagen und Willi Landgraf schnürten einst die Fußballschuhe für den Verein aus der Geburtsstadt des früheren S04-Präsidenten Günter Eichberg.

Seit 2012 spielen die Grün-Blau-Weißen immerhin wieder in der Oberliga Westfalen – in diesem Jahr gemeinsam mit der U23 der Königsblauen. Auch die Schalker Profis gaben bereits ihre Visitenkarte im Heidewaldstadion, das seit dieser Saison „Energieversum Stadion im Heidewald“ heißt, ab. Im Sommer 2015 bestritt der S04 ein Testspiel gegen den FC Porto in der 12.500 Zuschauer fassenden Spielstätte, das 0:0 endete.

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