Hannover 96: Michael Frontzeck geht seinen Weg

„Manchmal kommen sie wieder“, lautet ein Horrorfilm nach Stephen King. In Hannover sind sie definitiv wieder da, die gruseligen Gedanken, die der Verein nach der jüngsten Saison wie einen schlechten Streifen doch schnell verdrängen wollte.

Zarte zwei Zähler Luft hatten die Niedersachsen nach dem letzten Spieltag im Mai zwischen sich und den Relegationsplatz gebracht. Mund abputzen, weitermachen, empfiehlt die Binsenlehre des Sports, doch das 96er-Theater wollte seinen Vorhang selbst in der Sommerpause nicht schließen. Michael Frontzeck, nach Tayfun Korkuts Demission im April als Feuerwehrmann geholt, stand an der Leine von Beginn an in eisigem Wind. „Schlechtester Punkteschnitt aller Bundesliga-Trainer mit mindestens 100 Partien“, hielten es ihm die Medien entgegen, ein Coach auf Abruf. Doch der „Fünf-Spiele-Trainer“ durfte bleiben und den großen Umbruch mitgestalten.

 

Es ist erst zwei Jahre her, dass Präsident Martin Kind nach zwei Spielzeiten in der Europa League die nächste Stufe zünden und die Plätze drei bis sechs angreifen wollte. Dann folgten mit Rang zehn eine Fehlzündung und der Beinahe-Knall in der vergangenen Saison. Manager Dirk Dufner ging im August, nachdem seine Autorität bereits über Monate untergraben worden war. Anfang Oktober übernahm Martin Bader, mit Christian Möckel als Sportdirektor kam ein weiterer Neuer vom 1. FC Nürnberg.

Die sportliche Entwicklung befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits gründlich in Schieflage. Nach Spieltag sieben hielten die Hannoveraner zwei Punkte und die Rote Laterne in Händen. Kind konstatierte: „Auf Basis der Spiele, die wir gesehen haben, ist die Leistungsstruktur nicht ausreichend.“ Ein Gruß mit vielen Adressaten: Dufner, Frontzeck, Fußballer. Der Übungsleiter sah den Zeitpunkt zur Einordnung gekommen: „Wir haben elf Spieler abgegeben, sieben dazu genommen. Wir haben zwölf Millionen Euro investiert, höre ich immer. Wir haben aber eben auch Spieler abgegeben und dafür 13 Millionen eingenommen“, meinte Frontzeck und kritisierte jegliche Aufgeregtheit: „Hier herrschen eine Grundstimmung und Erwartungshaltung, die ich nicht nachvollziehen kann.“

Doch die Roten nagen weiter am Verlust ihrer Kreativoptionen. Lars Stindl ist im Sommer zu Borussia Mönchengladbach abgewandert, der zuletzt schwächelnde Joselu zu Stoke City, dann brach sich der japanische Nationalspieler Hiroshi Kiyotake den rechten Mittelfuß. Charlison Benschop kam von Fortuna Düsseldorf und konnte die Offensive wegen eines Muskelfaserrisses ebenso wenig anschieben wie Mevlüt Erdinc (AS St. Etienne).

Trotz des jüngsten 4:0-Erfolgs gegen den FC Ingolstadt rangieren die Niedersachsen nach 14 Spieltagen weiter in den Niederungen der Tabelle. „Wir werden unseren Weg weitergehen, von der grundsätzlichen Ausrichtung keinen Millimeter abrücken“, sagt Frontzeck, betont trotzig, aber wohl wissend: „Wenn die Mannschaft die notwendige Zeit nicht bekommt, wird es allerdings noch komplizierter.“

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