SV Darmstadt 98: Auf zum neunten Weltwunder

33 Jahre Abstinenz nahmen ein Ende, als Tobias Kempe den SV Darmstadt 98 am letzten Zweitliga-Spieltag beim 1:0 gegen den FC St. Pauli zurück in die Bundesliga schoss. Es war der bisherige Höhepunkt zweier spektakulärer Spielzeiten. Nicht unwesentlich am Erfolg beteiligt: die Kickers Offenbach.

33 Jahre Abstinenz nahmen ein Ende, als Tobias Kempe den SV Darmstadt 98 am letzten Zweitliga-Spieltag beim 1:0 gegen den FC St. Pauli zurück in die Bundesliga schoss. Es war der bisherige Höhepunkt zweier spektakulärer Spielzeiten. Nicht unwesentlich am Erfolg beteiligt: die Kickers Offenbach.

Von einem Freundschaftsdienst mag bei den Kickers indes wahrlich niemand sprechen. Denn dass den Darmstädter Lilien der fulminante Durchmarsch aus der Drittklassigkeit ins Oberhaus gelang, lag in erster Linie am Lizenzentzug der Offenbacher 2013. Zum damaligen Zeitpunkt stand Darmstadt bereits als sportlicher Absteiger in die Regionalliga fest und hielt allein durch den Zwangsabgang der Kickers im letzten Moment die Klasse.

Ein Hallo-Wach-Erlebnis und der Startschuss für die anhaltende Erfolgsgeschichte der Südhessen, die exakt ein Jahr später erneut für Aufsehen sorgten. In der Saison 2013/2014 retteten sie sich in die Relegation – allerdings nicht im Tabellenkeller, sondern auf dem Platz, der den Aufstieg bringen könnte. Und gerade, als die frisch gekeimten Hoffnungen nach der 1:3-Heimpleite gegen Zweitligist Arminia Bielefeld schon wieder verblüht schienen, sorgte das Team von Dirk Schuster für Furore: Im Rückspiel erklommen die Lilien mit einem dramatischen 4:2 nach Verlängerung erst die Bielefelder Alm und dann die Treppe zur Zweiten Liga.

Und auch in höheren Gefilden kehrte am Böllenfalltor keinesfalls Ehrfurcht vor den neuen Gegnern ein. Ganz im Gegenteil: Im Bundesliga-Unterbau benötigten Schuster & Co. zwei Spiele weniger als im Vorjahr: Der Durchmarsch in die Bundesliga war perfekt. Was das 1:0 über St. Pauli am finalen Spieltag bedeutete, konnte der Trainer kurz darauf noch gar nicht in Worte fassen: „Ich brauche jetzt erst einmal ein bisschen Ruhe“, rief Schuster, ehe er in der Kabine verschwand.

Die Euphorie in Darmstadt ist – erst recht nach dem 2:2-Auftakt gegen Hannover 96, bei dem zweimal nur das Aluminium die Lilien von einem Sieg trennte – groß. Im Gegensatz zu so ziemlich allem: Mit knapp sechs Millionen Euro hatte Darmstadt bereits in der Zweiten Liga den schmalsten Etat. Große Sprünge kann sich der Club auch heute nicht leisten. Zudem sind das lediglich 17.000 Plätze fassende Stadion am Böllenfalltor und die urigen Kreisliga-Umkleidekabinen mit ihren Holzbänken einzigartig. „Der Aufstieg war das achte Weltwunder“, erklärte Schuster, als er die Sprache wiedergefunden hatte. „Und der Klassenerhalt wäre das neunte.“

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