VfL Wolfsburg: Luftveränderung

Wie sehr eine talentierte Ansammlung Mannschaftssportler von der Gabe eines Einzelnen profitieren kann, ist diese Saison beim VfL Wolfsburg zu erleben. Dort trauert man einem solchen Individuum hinterher. Es ist das Jahr eins nach Kevin De Bruyne.

Klaus Allofs griff nach dem missratenen Rückrundenauftakt zum Bergsteiger-Latein: „Oben ist die Luft dünn. Da darf man sich nur wenige Fehler erlauben.“ Was dem VfL-Manager seinen Atem raubte, war nicht allein der Blick auf höhere Tabellenregionen, sondern der jüngste Kletterversuch seines Teams, das beim Aufstiegsversuch gegen Eintracht Frankfurt den Halt verloren hatte. Wieder einmal. 2:3 in der Nachspielzeit, Talsohle in der Auswärtstabelle.

Mit den frisch abhandengekommenen Punkten vom 1:1 gegen den 1. FC Köln haben die Niedersachsen bereits 13 Zähler nach eigener Führung aus der Hand gegeben. Mit dem Vize-Meister und Pokalsieger der vergangenen Spielzeit hat das wenig gemein. „Wir haben es wie so häufig nicht zu Ende gespielt“, resümierte Allofs. „Das geht bei einer Spitzenmannschaft wirklich nicht.“

Nicht schwer auszumalen, was im ehedem versierten Angreifer und heutigen Funktionär vor sich geht, wenn er vom Spielfeldrand aus das Treiben seines Offensivpersonals verfolgt. Andre Schürrle müht sich, durfte gegen Frankfurt indes nur die Saisonpremiere als Bundesliga-Torschütze feiern; Max Kruse kommt immerhin auf fünf Erfolge; Nicklas Bendtner hatte während des Winterurlaubs seinen individuellen Trainingsplan verlegt; Bas Dosts größte Sorge gilt aktuell dem Heilungsverlauf seines Mittelfußbruchs.

Kevin De Bruynes Transfer zu Manchester City hat im Sommer die Kasse geflutet. In der Kreativzentrale hat das Geschäft Ebbe verursacht. Ändern sollte das Julian Draxler. Als der Schalker nach dem dritten Spieltag den fliegenden Wechsel zum VfL vollzog, hinterließ er noch ein wenig Kritik am Druck, der auf seinem königsblauen Trikot gelastet habe. Doch dass ihn angesichts der Meriten eines Ausnahmetalents wie De Bruyne auch in Wolfsburg eine gewisse Erwartungshaltung empfangen würde, sollte so überraschend nicht gekommen sein. Zwar will dem 22-Jährigen dort niemand die nahtlose Fortsetzung der Großtaten besagten Belgiers aufbürden, doch Draxlers bisherige Liga-Ausbeute von zwei Toren und vier Vorlagen hat ihm wiederholt den Rüffel eingebracht, seine Gabe nicht in Gänze aufs Grün zu bringen.

Was die Wölfe reißen werden, liegt also zuvorderst an ihnen. Als Gruppenerster wartet im Achtelfinale der Champions League mit dem belgischen Meister KAA Gent ein eher leicht verdauliches Los. In der Bundesliga wird die Kletterpartie zu den begehrten Plätzen mutmaßlich noch länger andauern. Der Berg ruft.

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