Alexander Nübel: Drei große Brüder dazubekommen

Vor wenigen Monaten kickte Alexander Nübel mit dem Nachwuchs des SC Paderborn 07 in der Westfalenliga. Auf Schalke will der 19-Jährige den nächsten Schritt zum erfolgreichen Profi-Torhüter absolvieren. Der Schalker Kreisel hat sich mit dem Zugang über seine Anfangszeit bei den Königsblauen unterhalten.

Alexander Nübel, über Torhüter sagt man, dass sie ein bisschen verrückt sind. Was ist Ihre größte Macke?

(lacht) Oh ja, man muss schon verrückt sein, wenn man sich zwischen die Pfosten stellt und dann in jeden Schuss reinschmeißt, den die anderen Spieler aufs Tor ballern. Ein bisschen Einzelkämpfer bin ich natürlich auch, denn wenn ich einen Fehler mache, bedeutet der meist direkt ein Gegentor. Eine richtige Macke habe ich noch nicht entwickelt. Aber das kann ja noch werden.

Wer aus dem Torwartteam ist in dieser Hinsicht ganz weit vorn?

Schwierige Frage. Ralf ist definitiv positiv verrückt, er liebt den S04 über alles und steckt dich mit seinem Tatendrang und seiner Einstellung regelrecht an. Er fiebert jedem Spiel entgegen. Das braucht man auch, wenn man in der Bundesliga zwischen den Pfosten stehen will. Aber auch die anderen beiden Jungs sind super. Wir verstehen uns unfassbar gut, die Arbeit macht großen Spaß.

Vor wenigen Monaten sind Sie noch in der Westfalenliga aufgelaufen. Viele Gegner sagten, dass sie Paderborn besiegt hätten, wenn Sie nicht im Tor gestanden hätten. Sie sind regelrecht an Ihnen verzweifelt.

So muss das auch sein! Das ist ja meine Aufgabe. Ich bin extrem ehrgeizig. Wenn ich auf dem Platz stehe, dann immer mit dem Ziel, keinen Ball durchzulassen. Auch wenn wir bereits hoch führen, will ich die Bude sauber halten.

Sie spielten bereits mit 15 Jahren in der A-Jugend, haben sich mit 18- und 19-Jährigen gemessen …

Das hat mir gutgetan. Wenn du dich immer gegen Ältere durchsetzen musst, dann macht dich das stärker. In dem Jahr habe ich mich sehr weiterentwickelt, denn in der A-Jugend geht der Fußball erst richtig los, wird härter, körperbetonter. Obwohl ich diesbezüglich noch mehr zulegen und robuster werden muss. Dafür bin ich sehr aufnahmefähig, ich will jeden Tag lernen.

Kurz vor Transferschluss hat Sie der S04 von Ostwestfalen in den Pott gelotst. Inwiefern spielte das ehemalige Paderborner Trainerteam um Andre Breitenreiter, seinen Assistenten Volkan Bulut und Torwarttrainer Simon Henzler eine Rolle?

Simon und ich haben nach seinem Wechsel im Sommer ohnehin Kontakt gehalten. Er wollte wissen, wie es bei mir läuft, ich war neugierig, wie es ihm auf Schalke gefällt. Das entwickelte sich weiter. Und schließlich habe ich tatsächlich ein Angebot von Königsblau erhalten. Natürlich war er ebenso ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für den S04. Ich bin nicht ins Ungewisse gewechselt, wusste, dass ich auf einen Torwarttrainer treffe, mit dem es menschlich und fachlich super passt. Simon ist ein sehr kommunikativer Typ. Er spricht viel mit uns, was mir sehr gefällt, denn es gibt auch Trainer, die das nicht machen. Er geht immer auf uns ein, fragt, woran wir arbeiten möchten. Das ist ideal.

Was war Ihr erster Gedanke, als das Angebot auf dem Tisch lag?

Ich war baff, hätte damit überhaupt nicht gerechnet, habe mich sogar gewundert, war nervös. Ich konnte gar nicht glauben, dass der große FC Schalke 04 mich haben möchte. Aber ich habe Ruhe bewahrt und mir einige Tage Gedanken gemacht. Meine Familie und ich überlegten gemeinsam, ob ich diesen enormen Schritt bereits wagen soll. Was soll ich sagen? Bisher habe ich meine Entscheidung keine Sekunde lang bereut.

Wer gibt Ihnen noch Hilfestellung?

Ralf Fährmann. Wie ich vorhin sagte, ist er ein Vorbild und ein sehr offener Mensch. An meinem ersten Tag kam er direkt zu mir, bot mir seine Hilfe an, sagte, dass ich immer mit Fragen oder Problemen zu ihm kommen kann. Das fand ich super. Aber auch Michael Gspurning und Fabian Giefer, der ja seit einiger Zeit wieder mit uns auf dem Platz steht, sind unheimlich offen. Auch wenn es vielleicht abgedroschen klingt, aber wir sind schon eine Art kleine Familie. Ich habe mit meinem Wechsel drei große Brüder dazubekommen.

Wie sehen Sie Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft?

Ich will lernen, lernen, lernen und alles aufsaugen, was ich mir von meinen Kollegen abschauen kann. Jetzt, wo Fabian (Reese, Anm. d. Red.) dabei ist, bin ich wenigstens nicht mehr der Jüngste (lacht).

Wie lauten Ihre Ziele für die kommenden Jahre?

Ich möchte mich in der Hierarchie nach oben arbeiten. Es auf die Auswechselbank zu schaffen oder gar ins Tor vor die volle Nordkurve, das ist mein Traum. Dafür ackere ich jeden Tag. Spielpraxis ist dabei unerlässlich.

Haben Sie bereits eine Bleibe gefunden?

Ja, ganz nah am Vereinsgelände in Gelsenkirchen-Buer. Ich könnte auch mit dem Fahrrad zum Training fahren oder sogar laufen. Es gefällt mir sehr gut. Mittlerweile haben wir fast alles eingerichtet.

Und wie gefällt es Ihnen generell im Pott?

Das Leben und die Möglichkeiten sind definitiv vielfältiger als in Ostwestfalen. Du fährst zehn Kilometer – und schwupp, bist du schon wieder in einer anderen Stadt. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, muss aber zugeben, dass ich das Leben auf dem Dorf auch ganz schön finde.

Wie kommen Sie mit der Mentalität klar?

Es war kein so großer Kulturschock, weil meine Freundin aus Brandenburg stammt. Ich finde, man kann die Mentalitäten gut vergleichen. Dort ist man auch sehr direkt. Das gefällt mir gut. Man wird sofort geduzt, alles ist kumpelhaft.

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