Frank Baumann: Wir haben einen klaren Plan für den Sport

Seit dem 1. Juni ist Frank Baumann Teil des dreiköpfigen Vorstands der Knappen und verantwortet dabei das Ressort Sport. Im Interview mit schalke04.de spricht der 50-Jährige über seinen Start bei den Königsblauen, die Schalke-DNA, den Verlauf der Hinrunde, das Wintertransferfenster sowie die erfolgreiche Arbeit in der Knappenschmiede und bei den Frauen.

Porträt von Frank Baumann.

Frank, Dein erstes Schalke-Jahr war nur sieben Monate kurz. Wie war Dein Start auf Schalke?
Ich bin sehr gut aufgenommen worden und habe mich schnell heimisch gefühlt. Das hat mir den Start enorm erleichtert. Hilfreich war auch, dass ich schon vor meinem offiziellen Amtsantritt mehrere Monate Zeit hatte, mit meinen Vorstandskollegen viele Themen vorzubereiten und wichtige Entscheidungen zu besprechen. Arbeit gab es mehr als genug. Umso wichtiger war und ist, dass wir total geschlossen auftreten und Herausforderungen gemeinsam angehen. Nur so entstehen nachhaltige Lösungen.

Viele haben sich zunächst gewundert: Frank Baumann und Schalke – ob das passt? Wie fällt Dein Fazit am Jahresende aus?
(lacht) Das Thema hat viele bewegt. Ich fühle mich in meinen Annahmen absolut bestätigt. Schon in den Gesprächen vor meiner Zusage habe ich gespürt, wie professionell der Verein in seinen Führungsgremien aufgestellt ist und wie klar der Plan ist, Schalke wieder erfolgreicher zu machen. Dieser Eindruck hat sich in den vergangenen Monaten vollumfänglich bestätigt.

Ich bin sehr gut aufgenommen worden und habe mich schnell heimisch gefühlt.

Frank Baumann

Als Du angefangen hast, war die Stimmung nach der schlechtesten Platzierung der Vereinsgeschichte am Tiefpunkt. Heute steht Schalke an der Tabellenspitze. Was hat diese Trendwende möglich gemacht?
Dass wir aus unseren Analysen die richtigen Schlüsse gezogen haben und auf Basis dieser Erkenntnisse Entscheidungen getroffen haben. Der Verein hat bereits im Herbst 2024 begonnen, wichtige Weichen zu stellen, vor allem mit dem Projekt Schalke-DNA, mit dem erstmals eine klare Spielphilosophie und präzise Positionsprofile definiert wurden. Nach meinem Start haben wir diese Kriterien noch einmal geschärft und konsequent angewendet – etwa bei der Trainerfindung. Wir haben einen klaren Plan für den Sport entwickelt und Schritt für Schritt umgesetzt: vom Anforderungsprofil für den Chef-Trainer bis hin zur Zielstruktur des Kaders, um unser Budget gezielt einzusetzen. Diese Klarheit hat uns Orientierung gegeben.

Aggressiv, intensiv, mutig – das sind die Kernbegriffe der Schalke-DNA. Du hast in diesem Zusammenhang früh den Begriff Höchstleistungskultur geprägt. Wie lebt ihr das im Alltag?
Indem wir sie jeden Tag einfordern und vorleben. In jeder Trainingseinheit, am Spieltag, in der Regeneration. Miron Muslic lebt diese Kultur mit seinem Trainerteam konsequent vor und fordert von Spielern und Staff maximalen Fokus und Energie. Loris Karius hat es nach dem Nürnberg-Spiel gut beschrieben: So wie wir unter der Woche arbeiten, zeigt sich das am Wochenende in unseren Spielen. Deshalb ist es entscheidend, immer bei der nächsten Aufgabe zu bleiben. Das sind keine Floskeln, sondern die Grundlage für nachhaltigen Erfolg.

Wie weit seid ihr auf diesem Weg?
Wir haben wichtige Schritte gemacht, das sieht man auf dem Platz. Die Mannschaft arbeitet füreinander, gibt alles – das ist elementar für unsere Philosophie. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht. Es gibt in allen Bereichen Potenzial. Positiv ist, dass die Mannschaft sehr selbstkritisch ist. Das ist eine Grundvoraussetzung, um sich jeden Tag weiterzuentwickeln. Neben Miron möchte ich auch Youri Mulder hervorheben, der im Profileistungszentrum eine ganz wichtige Rolle für die Schaffung einer Höchstleistungskultur einnimmt.

Die Mannschaft arbeitet füreinander, gibt alles – das ist elementar für unsere Philosophie. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht.

Frank Baumann

Letztlich zählt im Fußball die Tabelle. Kann man die Hinrunde nicht einfach als rundum gelungen bewerten?
Die Punktausbeute ist sehr gut, damit sind wir zufrieden. Trotzdem wissen wir, dass wir in vielen Bereichen noch Luft nach oben haben. Und dass eine gute Hinrunde allein nicht reicht. Nach der Weihnachtspause müssen wir dranbleiben, weiter hart arbeiten und uns jede Woche neu beweisen. Unser Fokus liegt darauf, am Spieltag besser zu sein als der Gegner – Woche für Woche. Und dafür brauchen wir in unserer Struktur eine hohe Intensität.

„Weniger quatschen, mehr machen“ war Euer internes Motto. Ist Euch das gelungen?
Das müssen final andere beurteilen. Die Tabelle ist sicher ein Indiz dafür, dass wir vieles umsetzen konnten. Auch die Art und Weise, wie Schalke von außen bewertet wird, ist ein gutes Signal. Unser Anspruch ist es, Mitglieder und Fans durch Taten von unserem Weg zu überzeugen. Nur so können wir Schalke dauerhaft besser machen.

Öffentlich wird vom Aufstieg geträumt, gleichzeitig vor einer großen Fallhöhe gewarnt. Wie gehst Du damit um?
Träumen ist auch erlaubt, das werden wir niemandem verbieten. Ich persönlich sehe immer zuerst die Chance. Wir werden die kurze Winterpause intensiv nutzen, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Mit Hertha BSC, Kaiserslautern und Bochum warten zum Beginn der Rückrunde starke Gegner. Wir dürfen nicht vergessen, dass viele Siege knapp waren, einige auch mit einer Portion Glück. Deswegen betone ich immer wieder: Wir müssen immer an unser Limit gehen, um in dieser Liga Spiele zu gewinnen. Genau darauf freue ich mich – zu sehen, wie sich unsere Mannschaft weiterentwickelt.

Im Januar öffnet das Wintertransferfenster. Was sind Eure Ziele?
Der Wintermarkt ist ein anderer als der Sommer. Grundsätzlich sind wir mit unserem Kader zufrieden, zudem kommen einige Spieler aus Verletzungen zurück – das sind für uns interne Neuzugänge. Wir prüfen Optionen auf der Zu- und Abgangsseite, das ist doch völlig klar. Aber unser Prinzip ist klar: Wir handeln nur, wenn wir überzeugt sind, dass ein Spieler uns sportlich, charakterlich weiterbringt und es wirtschaftlich passt. Eines dürfen wir nicht vergessen: Wir sind bereits im Sommer ins Risiko gegangen, haben das ursprünglich geplante Budget im niedrigen siebenstelligen Bereich überschritten. Das war damals ein ganz bewusster Schritt, um den Kader gezielt zu verstärken.

Wir handeln nur, wenn wir überzeugt sind, dass ein Spieler uns sportlich, charakterlich weiterbringt und es wirtschaftlich passt.

Frank Baumann

Von den Profis zur Jugend: Wie blickst Du auf die Knappenschmiede?
Nachdem der Fokus zunächst stark auf dem Lizenzbereich lag, rückt die Knappenschmiede nun noch stärker in meinen Blick. Sie ist für Schalke 04 ein zentraler Baustein für nachhaltigen Erfolg. Wir haben sehr gute Ausbilder und spannende Spieler. Gleichzeitig ist der Wettbewerb um Top-Talente größer geworden. Auf Schalke bieten wir eine besondere Durchlässigkeit zu den Profis – Beispiele wie Mertcan Ayhan, Mika Wallentowitz oder Paul Pöpperl zeigen das. Es gibt auch in diesem Bereich Verbesserungsmöglichkeiten, die wir gemeinsam angehen wollen.

Auch der Fußball der Frauen entwickelt sich sehr positiv.
Ja, das ist beeindruckend. Nicht nur Team I, sondern auch der Jugendbereich mit vollständig besetzten Jahrgängen hat seit der Gründung vor knapp fünf Jahren einen tollen Weg genommen. Schalke leistet hier wichtige Arbeit für den Frauen- und Mädchenfußball in Gelsenkirchen und in der Region. Die nächsten Schritte betreffen vor allem infrastrukturelle Themen wie Kabinen und Plätze – ähnlich wie in der Knappenschmiede.

Zum Abschluss: Was wünschst Du Dir für 2026?
Dass Schalke geschlossen bleibt und gemeinsam die langfristigen Ziele verfolgt – auch dann, wenn es Rückschläge gibt. Wenn Schalke zusammenhält, ist sehr viel möglich. Ich möchte mich bei allen Schalkerinnen und Schalkern bedanken und wünsche schöne Feiertage. Ich blicke voller Vorfreude auf 2026!

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