Leon Goretzka: Mit Stromschlägen zum Comeback

An den 5. Juli 2014 wird sich Leon Goretzka noch gut, aber nicht gerne erinnern: Ganze neun Minuten stand er beim ersten Testspiel der Vorbereitung auf diese Saison bei der DJK TuS Hordel auf dem Platz, bevor er mit einem Muskelfaserriss ausgewechselt wurde. Anschließend begann für den 19-Jährigen die Arbeit im Reha-Zentrum, bei der er immer wieder zurückgeworfen wurde. Doch ein Ende der langen Leidenszeit scheint in Sicht.

Einen Anteil an den Fortschritten, die Goretzka in Doha gemacht hat, hat das sogenannte EMS-Training, bei dem elektrische Impulse zur Muskelkontraktion führen (s. Infobox). „Am Anfang war es der Wahnsinn, ein sehr unangenehmes Gefühl. Die Muskeln werden auf Knopfdruck angespannt und man kann überhaupt nichts dafür“, so Goretzka. „Es ist jedoch wichtig, dass der Muskel wieder aufgebaut wird, deswegen bin ich guter Dinge, dass es das Richtige für mich ist. Mein bester Freund wird dieses Training aber nicht mehr.“ Die Schinderei hat sich jedoch ausgezahlt, denn „seitdem ich so trainiere, mache ich sehr gute Fortschritte. meine Muskulatur in den Beinen ist im Moment so ausgeprägt wie noch nie.“

Physiotherapeut Tim Hielscher über die Vorteile des EMS-Trainings:

„Wir trainieren die Muskulatur so noch einmal vermehrt. Durch das EMS-System haben wir den Vorteil, dass wir die ganze Muskulatur trainieren. Es werden nicht nur einzelne Teile angesprochen, sondern durch äußere Reize alle Fasern, um so noch weitere Fortschritte zu erzielen.“

Entsprechend positiv fällt auch Goretzkas Trainingslager-Fazit aus: „Ich habe ordentlich aufgeholt und alle meine Ziele erreicht, die ich mir gesetzt habe. Das Kraft- und Konditionstraining war hart, aber zielführend. Ich habe einen großen Schritt nach vorne gemacht. Was mir jetzt noch fehlt, ist vor allem die Explosivität, die ich bald durch Sprints und Sprungtraining verbessern will.“

Einen genauen Zeitpunkt für eine Rückkehr ins Mannschaftstraining will der Youngster allerdings nicht mehr angeben und bleibt vorsichtig: „Ich habe in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen damit gemacht, mir ein klares Zeitlimit zu setzen. Wir werden jetzt noch einige Tests durchführen und dann den letzten Schritt in Angriff nehmen.“ Seine Zurückhaltung ist nach all den Rückschlägen in dieser Saison alles andere als unangebracht. „Aber“, da ist sich Goretzka sicher, „lange wird es nicht mehr dauern!“

Aus diesem Grund war es für den Mittelfeldmann umso bedeutender, dass er mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Doha reisen konnte. Auch wenn er dort seine Einheiten nicht mit seinen Teamkollegen, sondern mit den Physiotherapeuten und Athletik-Trainern der Königsblauen absolviert hat. „Wenn die Jungs auf dem Rasen waren, habe ich mein Training zunächst im Hotel durchgezogen. Erst danach bin ich auf den Platz gegangen“, erklärt Goretzka, der bereits angefangen hat, mit dem Ball zu arbeiten. „Ich steigere die Intensität von Tag zu Tag.“

Insgesamt drei Muskelverletzungen im linken Oberschenkel sind der Grund, warum Goretzka in dieser Saison noch kein Pflichtspiel absolviert hat. „Auf den Muskelfaserriss folgten noch zwei Bündelrisse“, sagt Goretzka. „Zwischenzeitlich lief es ganz gut, aber ich wurde immer wieder zurückgeworfen. Es war keine einfache Situation für mich. Vor allem wenn man denkt, dass man immer wieder nah dran ist an der Mannschaft und das Gefühl hat, dass es bald endlich wieder losgeht.“

Aufgrund der vielen Probleme im linken Oberschenkel „versucht man automatisch den betroffenen Bereich zu entlasten“. Dadurch habe sich im Laufe der Zeit die Muskulatur Stück für Stück zurückgebildet. „Wenn das Problem nicht behoben wird und man zu früh wieder ins Training einsteigt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sich durch das Ungleichgewicht eine andere Verletzung zuzieht.“

So musste der 19-Jährige zwischenzeitlich nach Donaustauf, um dort seine Reha in Angriff zu nehmen, statt in das Mannschaftstraining einzusteigen. „Ich wollte unbedingt noch länger in Donaustauf bleiben, aber am Ende hat es mit der Hotelrechnung nicht mehr gepasst“, scherzt Goretzka im Nachhinein über seinen Aufenthalt in der Oberpfalz. Für ihn war wichtig, trotz seiner langen Ausfallzeit so schnell wie möglich nah am Tagesgeschehen auf Schalke zu sein. „Für andere ist das vielleicht nicht so einfach, aber mir tat es gut. So hatte ich nie das Gefühl, dass ich raus war oder den Kontakt verloren habe.“

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