Marcin Kaminski: Dieses eine Spiel … und dann haben wir die Aufholjagd gestartet!

Nach längerer Verletzungspause ist Marcin Kaminski seit wenigen Wochen zurück auf dem Platz. Der Innenverteidiger zeigt sich in den Einheiten in Belek sehr engagiert und hat große Ziele vor Augen. Im Interview mit schalke04.de spricht der Pole über sein Comeback, das Trainingslager und eine erfolgreiche Aufholjagd zu seiner Zeit als Spieler bei Fortuna Düsseldorf, die er mit den Knappen wiederholen will.

Marcin Kaminski

Marcin, frohes neues Jahr! Die wichtigste Frage kommt zuerst. Wie geht es dir?
Auch ich wünsche allen Schalkern ein frohes neues Jahr! Bei mir ist alles gut. Ich bin glücklich, weil ich endlich wieder Fußball spielen kann.

Aufgrund einer Wadenverletzung hast du mehr als drei Monate pausieren müssen. Dein Ziel war es, noch im Kalenderjahr 2022 wieder mit der Mannschaft auf dem Platz zu stehen. Das ist dir mit deinem Comeback am 22. Dezember beim Testspiel in Osnabrück gelungen. Wie wichtig war das für deinen Kopf?
Sehr wichtig. Gemeinsam mit unserer medizinischen Abteilung, den Physiotherapeuten, den Therapeuten im medicos.AufSchalke und den Athletik-Trainern habe ich hart gearbeitet, um noch vor dem Jahreswechsel wieder spielen zu können. Bei der Umsetzung des Plans hat dann ein Rädchen ins andere gegriffen. Das war alles hervorragend koordiniert.

Auf das Testspiel folgte eine kurze Weihnachtspause. Wie hast du die Feiertage verbracht?
Ich war mit meiner Familie zu Gast bei Verwandten in Polen. Zudem haben wir einige Freunde in der Heimat besucht, die wir schon länger nicht mehr gesehen hatten. Das hat mir sehr gutgetan, auch wenn die Zeit recht kurz war. Aber irgendwie habe ich es geschafft, allen Verwandten und Freunden gerecht zu werden (lacht). Zudem habe ich auch Sport getrieben. Jeder Spieler hat vor dem Weihnachtsurlaub einen individuellen Trainingsplan bekommen. Ich habe mehrere Läufe absolviert. Komplett beschwerdefrei. Auch das war noch einmal wichtig für den Kopf. So habe ich nach der Verletzungspause wieder volles Vertrauen in meinen Körper.

Marcin Kaminski

Am Montag hat euer Trainingslager in Belek begonnen. Wie läuft es bislang?
Die bisherigen Einheiten waren intensiv. So muss es auch sein. Die Stimmung auf dem Platz ist gut, jeder wirft sich voll rein und gibt alles.

Welche Trainingsschwerpunkte erwarten euch an den kommenden Tagen?
Wir arbeiten weiterhin an unserem Defensivverhalten, trainieren aber auch viele eigene Torabschlüsse. Wir wissen, dass wir im ersten Saisonteil zum einen zu viele Gegentore kassiert haben, zum anderen aber auch zu wenig eigene Treffer erzielt haben. In den letzten Spielen vor der WM-Pause habe ich uns formverbessert gesehen. Aber klar, wir haben weiterhin Steigerungspotenzial. Das Auswärtsspiel in Bremen ist ein gutes Beispiel dafür. Wir waren gut drin, hatten unsere Chancen und haben gerade nach der Pause kaum etwas zugelassen. Und trotzdem gab es keine Punkte. Bremen hat die Tore gemacht, wir nicht. Spiele wie diese dürfen wir im zweiten Saisonteil nicht verlieren.

Das war wirklich wie in einem schlechten Film.

Marcin Kaminski

Wie hast du eure Spiele während der Verletzungspause verfolgt?
Die Heimspiele habe ich live in der VELTINS-Arena gesehen und mitgefiebert. Machtlos auf der Tribüne zu sitzen, anstatt auf dem Platz zu stehen, das ist schwer. Du willst der Mannschaft helfen, kannst es aufgrund der Verletzung aber nicht. Nach den Spielen war ich dann unten bei der Mannschaft, habe in der Kabine auch teilweise meine Eindrücke geschildert und die Jungs aufgebaut.

Nach dir haben sich mit Sepp van den Berg, Ibrahima Cissé und Leo Greiml noch drei weitere Innenverteidiger verletzt. Hast du solch ein Verletzungspech auf einer Position in deiner Karriere schon einmal erlebt?
Nein. Das war wirklich wie in einem schlechten Film. Manchmal habe ich mich gefragt, was wir verbrochen haben. Zum Glück ist neben mir auch Ibrahima Cissé wieder fit, außerdem ist Sepp van den Berg in Belek dabei und steigert sein Programm von Tag zu Tag. So hat der Trainer wieder mehr Optionen in der Defensive.

Nach 15 Spielen seid ihr Tabellenletzter. Eine Situation, die sich niemand gewünscht hat, die dir zu diesem Zeitpunkt der Saison aber nicht unbekannt ist. In der Spielzeit 2018/2019 hast du mit Fortuna Düsseldorf nach 14 Spieltagen ebenfalls Rang 18 belegt …
… und dann haben wir eine Aufholjagd gestartet! In den abschließenden drei Spielen der Hinrunde haben wir neun Punkte geholt. In Freiburg gewonnen, zu Hause die Schwarz-Gelben geschlagen und dann noch ein Dreier in Hannover. Neun Punkte innerhalb von acht Tagen, das war perfekt. Und es zeigt, dass man eine Mannschaft, die Tabellenletzter ist, niemals abschreiben sollte. Manchmal braucht es einfach dieses eine Spiel, das dich in die richtige Richtung lenkt. Und dann läuft es.

Marcin Kaminski

Die Saison habt ihr am Ende auf Rang zehn beendet – dank 26 gesammelten Zählern in der Rückserie. Traust du solch eine Aufholjagd auch euch zu?
Auf jeden Fall. In Düsseldorf haben wir gemerkt, dass sich die harte Arbeit im Training auszahlt. Zudem haben wir immer positiv gedacht. Es ging im Kopf nicht darum, was passiert, wenn wir dieses oder jenes Spiel jetzt verlieren. Wir haben darüber gesprochen, wie wir gewinnen und in der Tabelle immer weiter klettern können. So denken wir auch jetzt. Ich traue uns ebenfalls einen Lauf zu. Alles ist möglich.

Thomas Reis spricht immer wieder davon, dass ihr jetzt der Jäger seid. Was muss ein guter Jäger mitbringen, um erfolgreich zu sein?
Er muss mutig und angriffslustig sein. Und er darf gleichzeitig keine Angst haben. Um im Bild zu bleiben: Wir sind bereit für die Aufholjagd!

Welche Rolle spielt der Kopf in solch einer Situation?
Der Kopf ist immer wichtig. Du musst in Lösungen denken – nicht in Problemen. So gehen wir die Aufgabe an. Der Trainer und sein Team versprühen viel Energie, wir als Mannschaft sind ebenfalls heiß und wollen beweisen, dass wir die Qualität haben, um die Klasse zu halten. Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig vertrauen und uns pushen.

Der Kopf ist immer wichtig. Du musst in Lösungen denken – nicht in Problemen.

Marcin Kaminski

Aufgrund deiner Verletzung ist auch dein Traum von einer WM-Teilnahme geplatzt.
Das war wirklich bitter. Aber auch hier habe ich nicht in Problemen gedacht. Abhaken, weitermachen. Verletzungen gehören im Fußball leider dazu. Mein voller Fokus galt schnell den Gedanken an mein Comeback.

Hast du dir die Spiele der polnischen Nationalmannschaft angeschaut?
Natürlich. Ich war stolz, dass meine Jungs die Gruppenphase überstanden haben. Im Achtelfinale war gegen Frankreich dann leider Endstation.

Dein Mitspieler Maya Yoshida hat hingegen an der Weltmeisterschaft teilgenommen und dabei gegen Deutschland und auch Spanien gewonnen, ehe im Achtelfinale das knappe Aus gegen Kroatien gefolgt ist. Habt ihr zuletzt mal über das Turnier gesprochen?
Immer wieder, auch während der WM hatten wir Kontakt. Vor allem nach den Siegen in der Vorrunde habe ich Maya gratuliert, denn mit diesen Erfolgen war nicht unbedingt zu rechnen. Die Japaner haben es gut gemacht.

Kurz nach der Rückkehr aus dem Trainingslager, am 15. Januar, wirst du 31 Jahre alt. Was ist dein größter Wunsch für das neue Lebensjahr?
Ich habe zwei Wünsche. Zunächst einmal Gesundheit – meine Familie, meine Mitspieler und mich. Und dann natürlich den Verbleib in der Bundesliga. Wir als Mannschaft möchten die Fans glücklich machen und auch im kommenden Jahr in der Bundesliga spielen.

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