Saubere Sache - Stefanie Hester ist die gute Seele im Nachwuchs

Eltern, Freunde, Trainer – junge Menschen spannen sich früh ein Netz aus wichtigen Bezugspersonen. In der Knappenschmiede zählt auch Stefanie Hester dazu, die sich um Trikotagen, häufig aber auch um die Befindlichkeiten der Kicker kümmert. Im Schalker Kreisel verrät sie ihre Geschichte.

An ihren ersten Arbeitstag hat Stefanie Hester noch klare Erinnerungen. Am 1. Juli 1999, vor über 22 Jahren, beginnt sie ihre Tätigkeit auf Schalke. „Chaos pur“, beschreibt sie die damalige Situation. Denn: Die riesigen Waschmaschinen fehlen. „Sie wurden erst an meinem Geburtstag am 13. August geliefert.“ Ein Geschenk der besonderen Art. „Auf dieses Datum sind die Geräte eingestellt, das ist auch für den Monteur immer ein Highlight, wenn wir bei der jährlichen Wartung über diesen Zufall sprechen“, sagt die heute 50-Jährige.

Kurz vor der Jahrtausendwende macht die Waschküche aber nur einen kleinen Teil ihres Arbeitsplatzes aus. Per Zeitungsinserat sucht der S04 eine Servicekraft für die Profiabteilung. Hester selbst hat mit Fuß[1]ball nicht viel am Hut, ihr Mann Rainer dafür umso mehr. „Lust hatte ich nicht unbedingt, aber er meinte, ich sollte das unbedingt machen“, erinnert sich die gelernte Restaurantfachfrau und schmunzelt dabei.

Ich spreche mit ihnen über alles – außer Fußball!

Stefanie Hester

Sie lernt Schalkes Betreuer Charly Neumann und Zeugwart Enrico Heil kennen – und Rainer Hester stolpert wenig später über eine weitere Annonce. „Kurz darauf suchte der Verein ein Hausmeister-Ehepaar für das Internat, und Charly hat mich gleich darauf an – gesprochen“, erklärt sie. „Da habe ich ihm direkt den Vogel gezeigt.“ Aufs Clubgelände ziehen? Kommt für Steffi Hester nicht in Frage – für ihren Mann, glühender S04-Fan und Dauerkartenbesitzer, hingegen schon. Und nach ein wenig Bearbeitung finden sich beide in ihrer neuen Rolle wieder.

Der erste Schützling ist Fabian Lamotte, der über Hesters im Internat, der heutigen Geschäftsstelle, wohnt. „Weil er anfangs der einzige Spieler war, hat er häufig unten bei uns gegessen und seine Wäsche mit bei uns in die Maschine geworfen.“ Mit der Zeit wächst die Gruppe, viele junge Talente rutschen unter die Fittiche der Hesters – und sorgen für so manche besondere Erinnerung. „Einmal hat sich Charles Takyi in der Schule geprügelt, mein Mann sollte ihn abholen“, frischt sie ihre Gedanken auf. „Seine helle Hose war voller Blut.“ Und Charles‘ Bitte an Steffi Hester? „Kannst du sie bitte waschen?“ Natürlich kann sie.

Damals war alles noch kleiner und familiärer.

Stefanie Hester

Siebeneinhalb Jahre wohnt das Paar auf dem Gelände, im Epizentrum des Schalker Fußballherzens. Der Sohn wächst gemeinsam mit Talenten und Profis auf, Youri Mulder etwa lässt sich beim Mittagessen hin und wieder gerne zu einer Runde Game Boy verleiten. „Damals war alles noch kleiner und familiärer“, sagt sie mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Auch an Rudi Assauer erinnert sich die gute Seele der Knappenschmiede immer wieder gerne. Als Hester mit 33 ihren Führerschein macht, muss sie wegen ihrer Nervosität so manchen Spruch einstecken. Nach der bestandenen Prüfung fließen die Tränen, als der Manager mit einer Flasche Champagner aus seinem Büro kommt und mit seiner „Hesterschen“ anstößt.

Heute fiebere ich total mit, bei meinen Jungs natürlich noch etwas mehr als bei den Profis.

Stefanie Hester

Tolle Zeiten, aber auch ununterbrochener Trubel, dem sich die Familie nach all den Jahren zumindest ein wenig entziehen möchte. Auch wenn die Hesters nicht mehr auf dem Gelände wohnen und ihr Mann Rainer mittlerweile als Leiter Facility Management und Greenkeeping beim MSV Duisburg arbeitet: Aus der einst null am Fußball interessierten Frau ist ein wichtiger Teil der Knappenschmiede geworden. „Heute fiebere ich total mit, bei meinen Jungs natürlich noch etwas mehr als bei den Profis.“ Ihre Jungs – das sind die Nachwuchsteams, für die sie bis heute täglich die riesigen Waschmaschinen anschmeißt und immer ein offenes Ohr hat. „Ich spreche mit ihnen über alles – außer Fußball! Das könnten meine Kinder sein, und bei einigen fühlt es sich auch genauso an.“

Die Pandemie hat ihre Tätigkeit als Trikotagen-Verantwortliche im Nachwuchsbereich etwas ausgebremst. Ohne Spiel- und Trainingsbetrieb reduzierte sich die Zahl an Waschladungen. Den heimischen Garten und manch staubigen Schrank im eigenen Haus hat das zumindest gefreut. „Ich war aber froh, als sich die Wäscheberge wieder angehäuft haben“, gibt Hester zu. Neben der Ausrüstung der Akteure laufen bei ihr auch Klamotten der Coaches und Physiotherapeuten auf. Das macht rund sieben, acht große Maschinen am Tag aus.

Nun brummen die Geräte wieder auf Hochtouren – selbiges hofft Steffi Hester nach schwierigen Monaten auch in sportlicher Hinsicht. Denn der Verein ist ihr in über zwei Jahrzehnten ebenso ans Herz gewachsen wie jedes junge Talent, das in die Knappenschmiede kommt und sie eines Tages auch wieder verlässt. Das hat in all den Jahren bei der guten Seele in der Waschküche für so manch emotionalen Abschied gesorgt.