60 Jahre Bundesliga: Anpfiff fürs Neugeborene

Blaues Hemd, weiße Weste: Zum Auftakt der neuen eingleisigen Bundesliga am 24. August 1963 schlägt der S04 den VfB Stuttgart in der Glückauf-Kampfbahn mit 2:0. Debüt geglückt. Doch schon bald wird Königsblau erstmalig die Höhen und Tiefen des neuen Terrains ausloten.

Rückpass: FC Schalke 04 - VfB Stuttgart 1963

Nach zehn Jahren Planung und schier unendlichen Diskussionen bedeutet die Geburtsstunde der Bundesliga einen Meilenstein für den deutschen Fußball. Ängste und Sorgen der Skeptiker weichen im Sommer 1963 allmählich der Vorfreude auf den Anpfiff. Schalke hat sich nach einer eher mäßigen Saison 1962/1963 als Tabellensechster der Oberliga West für Deutschlands neue Eliteklasse qualifiziert. Gegen den VfB Stuttgart gehen die Knappen deshalb nicht gerade als Favorit ins Spiel.

Die Schwaben haben ihr Bundesliga-Ticket zwar ebenfalls nur als Sechster der Oberliga-Süd gelöst, in den Wochen vor dem Ligastart aber mit tollem Fußball und bemerkenswerten Ergebnissen in den Tests geglänzt. So hat die Mannschaft gegen den ungarischen Meister Ferencvaros Budapest nur mit viel Pech 2:3 verloren und die spanischen Profis von Real Zaragoza mit 4:0 aus dem Stadion gefegt. Hauptverantwortlich: die Italien-Rückkehrer Erwin Waldner und Rolf Geiger, die der Stuttgarter Fünfer-Offensivreihe einen Schuss Extraklasse verleihen.

Auf Schalke machen sich dagegen Personalsorgen breit. Schalkes österreichischer Chef-Trainer Georg Gawliczek muss sein Team umstellen, weil sich Stürmer Klaus Matischak im Testspiel in Stadtlohn die Hand gebrochen hat. So stürmen Willi Koslowski und Waldemar Gerhardt neben „Stan“ Libuda. Die Hoffnungen ruhen auf der stabilen Hintermannschaft, die die starke VfB-Offensive bändigen soll. So stellt Gawliczek Nationalverteidiger Hans Nowak als Sonderbewacher für Waldner ab.

Rückpass: FC Schalke 04 - VfB Stuttgart 1963

Die Premierenstunde wollen nur 28.000 Zuschauer verfolgen. Die ungewohnt hohen Ticketpreise (14 D-Mark für einen Tribünenplatz) und das schlechte Wetter haben viele Fans vom Stadion ferngehalten. Wer drin ist, sieht, wie Schalke in den ersten 30 Minuten bedenklich wackelt. Allein Stuttgarter Nachlässigkeiten beim Abschluss und der starke Torwart Horst Mühlmann bewahren die Gastgeber vor einem Rückstand. Als der Chef-Coach nach einer halben Stunde im Sturm umstellt – Libuda rückt nach rechts, Gerhardt nach links, Koslowski in die Mitte – und Techniker Herrmann als Zuspielstation kurzfristig aufblüht, fallen die entscheidenden Treffer durch „Schwatten“ Koslowski (38.) und Gerhardt (43.).

Trotzdem bleibt Stuttgart in der zweiten Halbzeit dominant, aber auch schwach in der Chancenverwertung. Die Schalker, die sich tief in der eigenen Hälfte einigeln, sind nur noch bei wenigen Kontern gefährlich und bringen den Vorsprung letztlich über die Zeit. Zufrieden ist Gawliczek dennoch nicht: „Wir waren heute zu nervös. Spielerisch können wir sicher mehr leisten.“ VfB-Coach Kurt Baluses hadert mit der Chancenverwertung: „Diese Niederlage war nicht verdient. Meine Stürmer haben nicht nach Plan gespielt.“

Rückpass: FC Schalke 04 - VfB Stuttgart 1963

Dank des Auftaktsiegs klettert der S04 in der ersten Tabelle der Bundesliga auf den zweiten Platz hinter dem 1. FC Köln, der sich am Ende der Saison die Meisterschaft vor dem Meidericher SV sichern wird. Königsblau kommt vier Punkte hinter dem Tabellenfünften VfB Stuttgart als Achter ins Ziel und liegt damit im Soll. Unruhe folgt dennoch.

Der DFB erteilt den Knappen die Lizenz für die neue Spielzeit erst, als der Verein die Glückauf-Kampfbahn an die Stadt Gelsenkirchen verkauft. Der Vorstand tritt komplett zurück, Fritz Szepan wird Präsident. Zuvor hatte bereits der erste Schalker Trainerwechsel in der Liga stattgefunden: Georg Gawliczek musste gehen, sein Nachfolger Fritz Langner indes beweist auch kein glückliches Händchen. Schalke 04 beendet die Saison 1964/1965 auf dem letzten Tabellenplatz und bleibt im Nachklang nur erstklassig, weil Hertha BSC wegen überhöhter Handgeldzahlungen keine Lizenz bekommt und die Bundesliga auf 18 Mannschaften aufgestockt wird.

Statistik:

24.8.1963 | FC Schalke 04 – VfB Stuttgart 2:0 (2:0) | Glückauf-Kampfbahn
Schalke: Mühlmann – Nowak, Becher – Schulz, Horst, Kreuz – Herrmann, Bechmann – Koslowski, Gerhardt, Libuda | Stuttgart: Sawitzki – Eisele, Seibold – R. Entenmann, Hoffmann, Menne – Waldner, Arnold – Geiger, Pfisterer, Reiner | Tore: 1:0 Koslowski (38.), 2:0 Gerhardt (43.) | Zuschauer: 28.000 | Schiedsrichter: Schulenburg

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