Hertha BSC: Stotternder Neustart

Alles auf Null: Nach dem Bundesliga-Abstieg folgte bei Hertha BSC der Totalumbau. Auf eine ereignisreiche Transferperiode, in der 23 Spieler den Club verließen und 13 Zugänge kamen, sollte eine Phase der Ruhe und Konstanz einkehren. „Wir hatten einen riesigen Umbruch im Kader“, erklärte Sportdirektor Benjamin Weber. „Jetzt ist die Gruppe fest zusammen, das ist gut. Wir können jetzt in Ruhe arbeiten und wollen punkten. Es ist ein bisschen wie ein Neustart.“

Pal Dardai

Doch auf einen wenig erfolgreichen Liga-Auftakt mit drei Niederlagen in Serie und lediglich einem Dreier folgte am ersten September-Wochenende ein dramatisches Spiel gegen den 1. FC Magdeburg. Viermal gingen die Berliner auswärts in Führung, mussten sich schlussendlich trotzdem mit 4:6 geschlagen geben. In den nächsten beiden Spielen gegen Eintracht Braunschweig und Holstein Kiel konnte das Team von Chef-Trainer Pal Dardai punkten, bevor der FC St. Pauli am vergangenen Spieltag mit einem 2:1-Sieg im Olympiastadion verhinderte, dass die Berliner womöglich eine kleine Serie starten.

Coach Dardai fand nach Abpfiff klare Worte: „Die erste Hälfte haben wir verschenkt. In der zweiten Halbzeit haben wir mit Leidenschaft kompensiert, dass St. Pauli eine Mannschaft ist, die eine Klasse besser ist – so wie der HSV.“ Und er warnt vor einer überzogenen Erwartungshaltung sowie Ungeduld: „Wir dürfen nach zuletzt zwei Siegen nicht direkt wieder vom Aufstieg reden.“ Er habe die Partie als Lehrstunde betrachtet und feststellen wollen, wo seine Mannschaft steht. Trotz Niederlage zieht er auch eine positive Bilanz: „Während des Spiels haben wir dann kapiert, dass es mehr Körpereinsatz und mehr Leidenschaft braucht. Das war also ein Fortschritt und durch das 1:2 wurde die letzte Phase dann nochmal richtig geil. Es ist alles okay.“

Er muss es wissen, denn bereits zum dritten Mal steht der Ungar in Diensten der Alten Dame, seitdem er im April 2023 übernahm. Es war ein letzter Versuch mit der Vereinslegende, den fast unausweichlichen Abstieg zu verhindern. Diese Mission misslang, doch Dardai machte von Beginn an deutlich, dass er seinen Job auch darin versteht, gegen die grassierende Katastrophenstimmung im Club vorzugehen. Die schwierigen Umstände blendet er nicht aus, versucht aber parallel, Zuversicht zu verbreiten und positive Entwicklungen zu betonen.

Drei Dardais auf dem Platz, einer auf der Trainerbank

Die geballte familiäre Unterstützung ist ihm sicher, denn mittlerweile spielen seine drei Söhne alle bei Hertha BSC: Marton, Bence und im Sommer wechselte zuletzt Palko zum Club an die Spree. Im ersten Spiel der Saison gegen Fortuna Düsseldorf führte das zu einem Novum, erstmalig standen drei Brüder in einer Elf auf dem Platz. Auf den 24 Jahre alten Stürmer müssen die Berliner aktuell allerdings verzichten, weil er wegen einer Bänderverletzung bis auf Weiteres ausfällt.

Ein anderer Spieler kehrt nach der Länderspielpause jedoch in den Kader zurück: Torhüter Marius Gersbeck. Gegen ihn lief ein juristisches Verfahren wegen eines Vorfalls im Sommer-Trainingslager, weshalb ihn sein Arbeitsgeber vorerst suspendierte. Diese Maßnahme hob der krisenerprobte Club nun auf, Weber erläuterte die Hintergründe: „Wir haben Marius im Sommer verpflichtet, um neben unseren jungen Torhütern einen erfahrenen Zweitliga-Schlussmann in unserem Kader zu haben.“ Der Sportdirektor ergänzte: „Sowohl Tjark Ernst als auch Robert Kwasigroch haben sich bereits in der 2. Bundesliga bewährt und großartige Leistungen gezeigt. Dennoch wird ihnen die Erfahrung und die Unterstützung eines zweitligaerprobten Keepers in dieser Liga bei der sportlichen Weiterentwicklung enorm helfen.“ Wie sich währenddessen die sportliche Situation des Hauptstadt-Clubs weiterentwickelt, werden die nächsten Wochen zeigen.

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