Der „Flankengott aus dem Kohlenpott“ wird 65!

Seine Soli auf Rechtsaußen inspirieren Boulevard-Journalisten Mitte der 1970er-Jahre zu echtem Sprachwitz. „Flankengott aus dem Kohlenpott“ taufen sie Rüdiger Abramczik, dem es gelingt, in die XXL-Fußstapfen des großen Stan Libuda zu treten. Am Donnerstag (18.2.) feiert das Mitglied der S04-Jahrhundertelf seinen 65. Geburtstag. Dazu gratuliert die königsblaue Vereinsfamilie recht herzlich.

Rüdiger Abramczik

Gerade einmal 17 Jahre und 174 Tage alt ist der gebürtige Gelsenkirchener, als er am 11. August 1973 erstmals für die Knappen im deutschen Oberhaus aufläuft. Bis zu Julian Draxlers Debüt im Winter 2011 bleibt ‚Abi‘ viele Jahrzehnte jüngster eingesetzter Schalker Bundesligaspieler. Vereinsübergreifend zählt der Flügelstürmer noch immer zum Kreis der jüngsten Bundesliga-Debütanten.

Als der talentierte Kicker im Sommer 1973 aus dem Nachwuchs in die A-Mannschaft des S04 aufsteigt, muss er ein schweres Erbe antreten: Doch es gelingt ihm, in die großen Fußstapfen von Stan Libuda zu treten. Einem Spieler, den Abramcziks Vater stets bewundert hatte. „Wenn er zurück von den Spielen in der Glückauf-Kampfbahn kam, hat er mir die Tricks vom Stan gezeigt. In der Jugend beim Erler SV rückte ich dann auf eben diese Position. Natürlich habe ich mir etwas von Stan abgeschaut, doch kopieren konnte ich ihn nicht, er war schließlich viel kleiner und stämmiger als ich“, erzählte der Jubilar vor einigen Jahren in einem Interview mit dem Magazin 11 Freunde.

Überragendes Angriffsduo mit Klaus Fischer

Viele Jahre lang begeistern seine Läufe an der Außenlinie die Zuschauer in Deutschlands Fußballstadien. Mit einer faszinierenden Leichtigkeit bringt er gegnerische Abwehrspieler zur Verzweiflung und serviert mit seinen perfekten Hereingaben Stürmer Klaus Fischer in der Mitte die Bälle – es sind seine präzisen Flanken, die Fischers legendäre Fallrückzieher erst möglich machten. Abramczik: „Den Klaus habe ich immer gut getroffen, er war nicht groß, hatte aber einen sehr guten Bewegungsablauf.“ Zusammen mit Fischer geht ‚Abi‘ als gefährlichstes Angriffsduo der 1970er-Jahre in die Bundesliga-Geschichte ein.

Entdeckt wird der Außenstürmer bereits mit zehn Jahren von Berni Klodt, der den Jungen bei Erle 08 aufspürt. Seine Schnelligkeit und Wendigkeit weiß der FC Schalke 04 richtig zu unterstützen und baut das Talent in der königsblauen Jugendabteilung weiter auf – bis er schließlich beim 0:3 in Stuttgart sein Debüt in der höchsten deutschen Spielklasse gibt. Fünf Monate später erzielt er kurz vor seinem 18. Geburtstag sein erstes Tor beim 5:2 gegen den VfL Bochum. Von da an geht die Karriere steil bergauf.

Den Klaus habe ich immer gut getroffen, er war nicht groß, hatte aber einen sehr guten Bewegungsablauf.

Rüdiger Abramczik

Sein erstes Länderspiel im A-Team lässt nicht lange auf sich warten. Abramczik, der schon in 23 Jugendländerspielen mitgewirkt hatte, feiert sein Debüt im schwarz-rot-goldenen Dress beim 5:0 gegen Nordirland am 27. April 1977. 19 Mal läuft er für das DFB-Team auf und verzeichnet zwei Treffer. Besonders tragisch für ‚Abi‘: Als er den Höhepunkt seiner fußballerischen Karriere erreicht hat, befindet sich das Nationalteam in einer Schwächephase, an der auch der Stürmer nichts ändern kann. Bei der WM in Argentinien scheitert die DFB-Auswahl in der Finalrunde an Österreich.

Zwei Jahre später holt dann auch ihn ein Formtief ein, das für den Abschied aus der Nationalmannschaft sorgt – der Rechtsaußen hatte sich zudem mit dem damaligen DFB-Präsident Hermann Neuberger angelegt.

S04 muss Abramczik abgeben – ausgerechnet an den BVB

Wegen finanzieller Probleme muss der S04 seinen „Flankengott“ 1980 verkaufen: Für 1,1 Millionen Mark wechselt ‚Abi‘ zum Revierrivalen Borussia Dortmund, wo er fortan mit Manfred Burgsmüller ein gefürchtetes Sturmduo bildet. Es folgen Engagements beim 1. FC Nürnberg, Galatasaray Istanbul und Rot-Weiß Oberhausen, bis er 1987 wieder zu seinem Heimatverein zurückkehrt und für vier Spiele als Libero bei den Königsblauen einspringt. Am 14. November 1987 bestreitet Abramczik sein letztes von insgesamt 316 Bundesligaspielen.

Die Fußballschuhe schnürt der nun 65-Jährige noch immer regelmäßig. Abramczik zählt zum Kader der Traditionself, die aufgrund der Corona-Pandemie derzeit allerdings nicht trainieren und spielen kann. Wenn der Ball aber wieder rollt, ist eines gewiss: Seine Mitspieler können sich auf seine Flanken freuen.

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