Gerald Asamoah: Die U23 ist wie mein Baby

Um seine Work-Life-Balance war U23-Manager Gerald Asamoah im Frühjahr nicht zu beneiden: Neben dem Meisterschaftskampf in der Oberliga packte der 40-Jährige auch im kriselnden Bundesliga-Team mit an. Beides am Ende mit Erfolg. Nun steht er mit dem königsblauen Unterbau in der Regionalliga West vor neuen Herausforderungen.

Gerald Asamoah, wie sehr konnten Sie in der Sommerpause vom Fußball abschalten?
Eigentlich kaum, um ehrlich zu sein (schmunzelt). Mit den Profis haben wir das Gröbste zwar schon etwas früher überstanden, aber mit der U23 steckten wir noch voll im Endspurt. Da war ich ebenso involviert wie in die direkt angeschlossenen Planungen für die Regionalliga. Mit Abschalten war also nicht viel, aber die Arbeit macht mir ja Spaß.

Wie haben Sie als Teammanager der Profis den Abstiegskampf erlebt?
Es war alles unheimlich intensiv. Ich bin lange im Verein und stand mit dem Team in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass es diesem Verein gut geht. In so einer Lage ist man natürlich dauerhaft angespannt. Ich habe nach der Saison gemerkt, wie sehr die Wochen zuvor an der Substanz gezehrt haben. Dafür zu sorgen, dass der FC Schalke 04 nicht absteigt, war für alle ein hartes Stück Arbeit. Gleich bei meiner ersten Funktion als Bundesliga-Offizieller ein solches Szenario zu erleben, war anstrengend. Doch der Erfahrungswert wird mir auf meinem weiteren Weg sicher helfen.

Was haben Sie von Ihren alten Weggefährten Huub Stevens und Mike Büskens mitnehmen können?
Viele Dinge, immerhin kenne ich beide sehr lange und sehr gut. Huub ist der Trainer, der mich zum FC Schalke geholt hat. Mit Mike habe ich noch zusammengespielt und ihn später als Coach bei der Spielvereinigung Fürth erlebt. Nun gemeinsam hinter den Kulissen zu wirken, war ganz besonders für mich. Als Spieler realisiert man gar nicht, wie viel Arbeit und Details der Fußball für Trainer und Funktionäre mit sich bringt. Übrigens war bei Huub interessant zu beobachten, dass er nie nervös geworden ist. Durch seine immense Erfahrung hat er die nötigen Dinge sehr clever umgesetzt und uns so geholfen, positiv mit der heiklen Situation umzugehen.

Während es im Oberhaus kriselte, stürmte die U23 souverän in die Oberliga. Wie war es nach dem letzten Schritt um Ihre Gefühlswelt bestellt?
Die U23 ist wie mein Baby, mit dem ich zu Beginn keine einfache Zeit hatte und zwei Monate nach meinem Beginn aus der Regionalliga abgestiegen bin. Dann visierst du den Wiederaufstieg an und scheiterst – und zweifelst irgendwann auch an dir selbst. Aber ich habe auch gelernt zu erkennen, was für Spieler man für solche Ziele braucht und welcher Trainer dazu passt. Und wenn man dann sieht, wie die Mannschaft in dieser Saison aufgetreten ist und wie sie Stolz gezeigt hat, für diesen Verein spielen zu dürfen, dann erfüllt das auch mich mit Stolz.

Was hat die U23 in der vergangenen Spielzeit ausgezeichnet?
Zunächst einmal hatte sie in Torsten Fröhling einen Coach, der genau wusste, wie die Mannschaft funktionieren muss – und ihr das mit viel Empathie eingeimpft hat. In der Liga waren wir absoluter Favorit und damit der Gejagte. In dieser Situation musst du jedem Gegner Respekt entgegenbringen, was unsere Jungs sehr gut umgesetzt haben. Und es war zu spüren, dass uns die anderen Teams wegen unseres fairen und respektvollen Auftretens ab einem gewissen Zeitpunkt den Aufstieg einfach gegönnt haben.

Also hat auch die Mannschaft sich weiterentwickelt?
Ich muss zugeben, dass ich im ersten Jahr eine leichte Arroganz im Team gespürt habe, die nicht förderlich war. Beim zweiten Anlauf waren unsere Jungs völlig bodenständig und herzlich. Und trotzdem haben wir immer wieder von der ersten Minute an klar gezeigt, dass wir in dieser Liga die Punkte einheimsen und Herr der Lage sein wollten. Das hat über die gesamte Spielzeit gut funktioniert.

Im Sommer verlängerte der S04 Ihren Vertrag als U23-Manager bis 2022. Eine schöne Bestätigung Ihrer Arbeit?
Wäre der Verein mit meinem Handeln nicht zufrieden, hätten mir die Verantwortlichen sicher keinen Vertrag über drei Jahre angeboten. Dieses Signal macht mich sehr stolz. Ich denke, man merkt, wie nah ich an dieser Mannschaft bin und wie sehr ich für sie arbeite.

Wofür soll die U23 unter Gerald Asamoah in Zukunft stehen?
Ich bin ehrlich: Nicht jeder schafft direkt den Sprung aus der U19 zu den Profis. Es gibt immer Jungs, die ein oder zwei Jahre länger brauchen, um ganz oben anzukommen. Diese Plattform bieten wir. Mit Nassim Boujellab, Jonas Carls und Münir Levent Mercan können wir einige positive Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit nennen.

Was stand bei Ihrer Vertragsverlängerung auf der Agenda?
Schlicht und einfach: genau so weitermachen. Wir wollen die nächsten Schritte gehen – und damit ist nicht mal der tabellarische Schritt Richtung Dritte Liga gemeint. Es geht darum, sich in der Regionalliga zu etablieren. Ich sehe uns dort gut aufgehoben. Und natürlich hat die Spielerentwicklung beim angesprochenen nächsten Schritt eine ganz hohe Priorität.

 

Welchen Eindruck haben Sie nach der Saisonvorbereitung?
Der Eindruck ist sehr gut, wenn auch die vergangenen Wochen nicht einfach waren. Für die Jungs, die bei den Profis mittrainieren durften, war es natürlich eine wertvolle und spannende Erfahrung. Aber dafür haben sie uns in der Vorbereitung auf die Regionalliga gefehlt. Wir wissen also noch nicht recht, wo wir stehen. Dafür wissen wir, dass wir einen guten Kader haben mit ambitionierten wie realistischen Spielern. Um die Tür nach oben geöffnet zu halten, müssen sie in der Regionalliga täglich gute Arbeit verrichten, Spiele gewinnen, Leistung bringen und die Chance aufrechterhalten.

Wie stark ist die Regionalliga West?
In Deutschland ist sie die wohl stärkste vierte Liga. Man muss sich nur die Vereine anschauen, allein Rot-Weiss Essen hat sich unglaublich verstärkt. Dazu kommen ambitionierte Teams wie der BVB II oder der SV Rödinghausen und Rot-Weiß Oberhausen. Für uns gilt vor allem eins: Der FC Schalke 04 ist zurück – und das wollen wir mit guten Auftritten demonstrieren.

Worauf freuen Sie sich in dieser Saison besonders?
Ich freue mich auf jedes einzelne Spiel. Wenn du zwei Jahre nicht dabei warst, musst du jede Partie genießen. Und wenn wir irgendwann unsere Heimspiele wieder zu Hause im Parkstadion ausrichten dürfen, wird das sicher ein Höhepunkt für mich.

Welches Szenario wünschen Sie sich fürs kommende Frühjahr im Saisonendspurt?
Gerne die umgekehrte Version von 2019: Das königsblaue Bundesliga-Team mischt wieder weiter oben mit, während unsere Regionalliga-Mannschaft sich in der Spielklasse etabliert.

Seite teilen