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Frank Fahrenhorst: Vertrauensmensch
Frank Fahrenhorst ist ein strukturierter Typ, jemand mit klaren Vorstellungen. Als seine Profilaufbahn sich dem Ende entgegen neigt, hat er seine nächste Aufgabe längst im Blick: Trainer.
An die B- und A-Lizenz macht er ein Häkchen, da steht er noch selbst auf dem Rasen. 2013, als Coach in der Knappenschmiede, meistert er die Fußballlehrerlizenz mit einem Einser-Schnitt. Mittlerweile ist er in seinem fünften Jahr auf Schalke und hat die U17 von Stephan Schmidt übernommen. Man kann sagen: Bei „Fahne“, so sein karriereüberdauernder Spitzname, läuft es. Doch der 39-Jährige kennt auch weniger geradlinige Zeiten.
Der Kick beginnt, als der 17-jährige Frank Fahrenhorst von der Hammer Spielvereinigung in den Sommerferien 1994 einen Freund besucht, der nach Bochum gezogen ist. Dieser wiederum kennt jemanden, der beim VfL in der Jugend aktiv ist, und weil beim letzten Training vor der Pause ein Spieler fehlt, hilft Fahrenhorst kurzerhand aus. Danach hat er prompt ein Angebot für die A-Jugend in der Tasche – der Startschuss zur Profikarriere. Als Fahrenhorst 18 Jahre später seine durchaus erfolgreiche Spielerlaufbahn beendet, hat er über 200 Bundesliga-Partien für den VfL Bochum, Werder Bremen und Hannover 96 in den langen Beinen.
Er führt den VfL in den UEFA-Cup, duelliert sich als Bremer in der Champions League mit Barcelonas Wunderknaben Ronaldinho im Camp Nou und steht mit dem Adler auf der Brust Brasilien-Legende Ronaldo gegenüber. Am Ende wartet ein eher tristes Jahr beim MSV Duisburg, bevor er sich ab 2010 für zwei Jahre als erfahrener Spieler bei Schalkes U23 auf die Trainerlaufbahn einstimmt. Fahrenhorsts Wege sind dabei oft verschlungener, als er sich das wohl vorgestellt haben wird. Er ist mehrfach so gut wie weg vom Fenster und kehrt doch immer wieder zurück.
In Bochum, ganz am Anfang, verletzt er sich schwer am Knie, fällt lange aus. Als er wieder auf dem Rasen steht, bricht ihm jemand im Training das Wadenbein. Es wird kompliziert. Das Karriereende droht. Manch einer zweifelt, ob dieser junge Mann wirklich verletzt ist oder nur simuliert. Das kränkt ihn sehr. Elf Monate später ist er wieder da und wird zur Bochumer Größe. Nach dem Wechsel zu Europapokal-Teilnehmer Werder startet er stark, wird Nationalspieler – und verletzt sich erneut: die Nase ist gebrochen, das Sprunggelenk beschädigt. Er fällt aus, es geht auf die Bank, die Tribüne, irgendwann wieder auf den Platz und am Ende für drei gute Jahre nach Hannover. Er hat das „ziemlich klaglos hingenommen“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2006 über die Wirrungen seiner Bremer Phase. Nach außen verhält sich der Defensivmann immer möglichst ruhig und arbeitet lieber an sich und seinen Comebacks. Er ist ein stiller Kämpfer, kein Lautsprecher. Selbst heute, wenn er sich an der Seitenlinie aufregt, lautstark Anweisungen gibt, wirkt er dabei immer noch auf eine gewisse Weise in sich ruhend.
Neben all den Partien, Momenten und Gegnern sind es besonders zwei Begriffe und drei Namen, die Fahrenhorst aus seinen aktiven Jahren mitnimmt: Vertrauen und Kommunikation sowie Bernard Dietz, Klaus Toppmöller und Peter Neururer.
Dietz hatte ihn einst entdeckt, Toppmöller machte ihn zum Profi, Neururer formte und förderte ihn maßgeblich. „Alle drei waren sehr wichtig für mich und haben viel Vertrauen in mich gesetzt“, erinnert sich der 39-Jährige. „Ich denke, Vertrauen ist das A und O. Alle Coaches haben heute eine hohe fußballerische Fachkompetenz. Aber der Schlüssel zum Erfolg ist aus meiner Sicht, wie man die Menschen begeistert, auf sie zugeht und mit ihnen kommuniziert. Das konnten alle drei, da hat niemand einfach diktatorisch gesagt: ,Tack, tack, tack, so wird das jetzt gemacht.‘“ Diese Prinzipien hat er als Trainer nun selbst zu seiner Maxime erhoben.
Den Weg als Coach einzuschlagen, diese Überlegung reift in Fahrenhorst zum Ende seiner aktiven Karriere. Er nimmt den Impuls direkt ernst, macht als Profi bei Hannover 96 seine B-Lizenz. Stets akribisch und fokussiert Herausforderungen suchend, bereitet er seine Zukunft an der Taktiktafel vor: Er geht 2010 in die vierte Liga. In Schalkes Zweiter Mannschaft spielt er als Kapitän und verlängerter Arm des Coachs zwei Jahre in der Regionalliga. Er führt die jungen Spieler und lernt gleichzeitig von den Übungsleitern, erst Michael Boris, dann Bernhard Trares. Vor den Einheiten treffen sie sich im Büro und tauschen sich über die anstehenden Inhalte aus. „Ich wollte das Trainerdasein von klein auf lernen“, erklärt Fahrenhorst. „Mir war wichtig zu schauen, ob ich einen Zugang zu Spielern finden kann.“ Er kann. 2012 hängt er die Schuhe komplett an den Nagel und wird Co-Trainer der U23.
Danach geht alles sehr schnell. Im Winter 2012 wird der damalige U17-Trainer Jens Keller zum Proficoach befördert. Fahrenhorst übernimmt dessen Team um Leroy Sane und Thilo Kehrer, lotst die Jungs zum West-Double und ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. Danach führt er die wiederbelebte U16 um Luke Hemmerich aus der Landes- in die Westfalenliga und dort wiederum 2015 zur Vizemeisterschaft. Im folgenden Jahr verpasst er mit der U17 nur knapp den Einzug in die Endrunde zur Deutschen Meisterschaft, ehe er in der abgelaufenen Spielzeit wiederum mit der U16 Westfalenliga-Meister wird.
Mir war wichtig zu schauen, ob ich einen Zugang zu Spielern finden kann.
Die Bilanz seiner ersten Jahre auf der Trainerbank liest sich eindrucksvoll. Vor allem aber scheint Frank Fahrenhorst sich gefunden zu haben. Ihm gefällt es, Ideen zu entwickeln, das Training zu planen, Teams zu formen, Videos zu analysieren, Reizpunkte zu setzen, junge Spieler in Sachen Sport und Persönlichkeit auszubilden. „Ich lege Wert auf Disziplin, Verlässlichkeit, Willen und Einstellung zum Spiel. Ich liebe Ordnung. All das will ich verkörpern und den Jungs vorleben“, betont er. „Wenn du mit Leidenschaft an die Sache rangehst, dann ist schon ein großer Schritt getan.“ Dieser klassische Wertekanon, dazu das feine Gespür eines kommunikativen „player’s coach“, das alles klingt nach der vielversprechenden DNA eines modernen Trainers.
Und Ehrgeiz. Ehrgeiz ist Fahrenhorst wichtig: „Ich konnte noch nie verlieren. Als Spieler nicht und als Trainer auch nicht.“ Das bekommen mitunter sogar seine Kinder Leni und Luke zu spüren, wie er lächelnd gesteht: „Ich will immer gewinnen – auch wenn wir nur zu Hause Karten spielen.“