Christina Rühl-Hamers: Die Richtung stimmt

Auf der Mitgliederversammlung am Samstag (17.6.) gewährte Christina Rühl-Hamers, Mitglied des Vorstands und zuständig für Finanzen, einen Einblick in die monetäre Lage auf Schalke. Dank gesunkener Verbindlichkeiten und abgeschlossener Altlasten sieht sie den Club auf dem richtigen Weg.

Christina Rühl-Hamers

Frustrierend und ungerecht – mit diesen Worten beschrieb Rühl-Hamers ihre ganz eigene Gefühlswelt nach dem erneuten Abstieg in die 2. Bundesliga. Doch seien diese Emotionen im Vergleich zu 2021 nun ganz andere, eben auch dank der aktuellen finanziellen Situation. Im Vergleich zu damals habe der FC Schalke 04 diesmal keine Liquiditätslücke in Höhe von 85 Millionen Euro schließen müssen und hat die Lizenz ohne Bedingungen erhalten. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren akribisch gearbeitet“, erklärte die Finanzvorständin. „Aus dem Fundament, das wir bauen wollten, das wir gemeinsam gebaut haben, sind nun die Grundpfeiler eines soliden Hauses geworden!“

Wir wollen und müssen weiter Verbindlichkeiten abbauen.

Christina Rühl-Hamers

Anschließend blickte Rühl-Hamers auf das Geschäftsjahr 2022 zurück, das jeweils eine Spielzeit in der Bundesliga und im Unterhaus beinhaltete. Mit einem Umsatz von 157 Millionen Euro lag der Verein dabei rund 10 Millionen Euro unterhalb des Vorjahres. Die Gesamtverbindlichkeiten konnten indes deutlich reduziert werden: von über 237 Millionen Euro am Stichtag 30. Juni 2021 auf nun 180 Millionen Euro. „Die Richtung stimmt“, bilanzierte die Vorständin. Zudem lagen die Finanzverbindlichkeiten zum Ende des Geschäftsjahres mit 141,5 Millionen Euro nur leicht über dem Niveau des Vorjahres (140,6 Millionen Euro).

Im Fokus stand in diesem Zusammenhang die erfolgreiche, vorzeitige und vollständige Refinanzierung der zweiten Anleihe, die im Juli dieses Jahres ausgelaufen wäre. Trotz herausfordernder Zeiten mit Corona und dem ersten Abstieg sei dies gut gelungen. „Die Refinanzierung war von großer Bedeutung für unseren Verein“, betonte Rühl-Hamers. Ebenfalls erfreulich: Das Betriebsmitteldarlehen aus Zeiten der Pandemie im Sommer 2020 konnte getilgt werden. „Wir wollen und müssen weiter Verbindlichkeiten abbauen“, stellte die Finanzchefin klar, „das spart Zinsen und vergrößert insgesamt unsere Handlungsspielräume.“

Kaderumbau abgeschlossen

Aus den Werten für 2022 ergibt sich ein konzernweiter Verlust von 19,4 Millionen Euro für das Geschäftsjahr – der für Rühl-Hamers einen schmerzhaften Verlust, keinesfalls aber eine böse Überraschung darstelle. Schließlich zeichnete sich das Ergebnis in den Prognosen frühzeitig ab, einen großen Anteil daran hatten die Effekte des umfangreichen Kaderumbaus nach dem ersten Abstieg. Hier stellte die Finanzvorständin erfreut fest: „Dieses Thema ist damit abgeschlossen. Haken dran!“

Einen Haken setzte Christina Rühl-Hamers damit auch an die Vergangenheit und richtete den Blick auf Gegenwart und Zukunft. Mit positiven Aussichten: Für das Geschäftsjahr 2023 prognostiziert der S04 einen Gewinn im mittleren einstelligen Millionenbereich – den ersten seit 2018, als Königsblau die Vizemeisterschaft feierte. „Dass wir jetzt Gewinne prognostizieren, bedeutet natürlich nicht die endgültige finanzielle Konsolidierung und die Lösung aller Probleme“, ordnete die Vorständin ein. „Aber es ist ein wichtiges Signal.“

Eigenkapital verbessern

Wichtig sei nun, die zentralen Finanzthemen auch künftig stringent voranzutreiben. Allen voran den Abbau der Verbindlichkeiten, der auch in einem längerfristigen Zweitliga-Szenario fortgesetzt werde, wenngleich langsamer als im Oberhaus. „Wir sind für beide Fälle gewappnet“, stellte Rühl-Hamers klar. Außerdem beschäftige sich der Vorstand in besonderem Maße mit dem Thema Eigenkapital: Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat wurde ein mehrjähriger Plan verabschiedet, um in Zukunft Gewinne zu schreiben, das Eigenkapital zu verbessern und die dazugehörige Auflage der DFL zu erfüllen. „Diesen Weg werden wir Schritt für Schritt konsequent weitergehen.“

Um die finanziellen Zahlen künftig realistischer am Jahresrhythmus des Profifußballs abbilden zu können, richtete Rühl-Hamers einen Appell an die Versammlung, die im Laufe der Mitgliederversammlung über den Antrag abstimmen sollte, das Geschäftsjahr künftig nicht mehr anhand des Kalenderjahres, sondern von Saison zu Saison abzubilden. „Damit schaffen wir aus unserer Sicht deutlich mehr Aussagekraft, Transparenz und Nachvollziehbarkeit.“ Das sei auch im Zusammenspiel mit Partnern, Sponsoren und den Mitgliedern deutlich transparenter, weshalb der Vorstand um Zustimmung bitte.

Kultur kaufmännischer Vernunft

Außerdem hob Schalkes Finanzvorständin den monetären Kulturwandel hervor, der im Club Einzug gehalten habe. Seit der Bestellung von Peter Knäbel und ihr in den Vorstand sei die Einhaltung der Budgets nicht mehr bloß eine Option, sondern Pflicht. Mit einem Transferminus von 70 Millionen Euro in den drei Spielzeiten vor der Pandemie habe der Verein über seinen Verhältnissen gelebt. „Durch diese neue Kultur, geprägt von kaufmännischer Vernunft, haben wir Handlungsfähigkeit und Handlungsfreiheit gewonnen.“

Für sich selbst nahm Rühl-Hamers zwei klare Aufträge mit aus der Mitgliederversammlung: ein wettbewerbsfähiges Budget für den Lizenzbereich zur Verfügung zu stellen und die Kaderplanung nachhaltig zu gestalten, um Werte für die Zukunft zu schaffen. Auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Sportdirektor André Hechelmann freue sie sich besonders. „Wir werden ihn tatkräftig unterstützen.“ Die große Stärke, das habe auch die Rückrunde der jüngsten Saison gezeigt, liege innerhalb des Vereins. „Deshalb freue ich mich auf die Arbeit, die vor uns liegt – auf den gemeinsamen Weg.“

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