Axel Hefer: Genau dieser Rückhalt wird uns wieder auf die Erfolgsspur bringen

Königsblau startet in den Jahresendspurt 2023, die letzten vier Partien stehen an. Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen. Im ausführlichen Interview mit dem Schalker Kreisel, dessen neue Ausgabe diese Woche erscheint, spricht Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Axel Hefer über Gründe für die aktuelle Situation, Lehren daraus und den neuen Vorstandsvorsitzenden Matthias Tillmann.

Axel, viele Experten hatten Schalke zu Saisonbeginn als Top-Aufstiegskandidaten gehandelt, und plötzlich müssen wir über Abstiegs- statt Aufstiegskampf sprechen. Was ist passiert? Ganz klar: Die aktuelle Situation kann niemanden zufriedenstellen. Die Fans haben das Recht, unzufrieden zu sein und dies zu zeigen. Der nachvollziehbare Frust ist aber auch ein Zeichen für die starke Verbundenheit und Begeisterung für unseren Verein, die sich Spieltag für Spieltag durch unsere einzigartige Fangemeinde zeigt. Und genau dieser Rückhalt wird uns wieder auf die Erfolgsspur bringen. Der Start in die Saison war denkbar schlecht und führte zu einer Negativspirale, die wir erst mit der Verpflichtung von Karel Geraerts teilweise stoppen konnten. Die Veränderungen auf vielen Schlüsselpositionen im Kader, ausgelöst durch den Abstieg, waren gravierend und begleiten uns durch den bisherigen Saisonverlauf. Wichtig ist in dieser Situation, nicht die Nerven zu verlieren und sich nicht zu Impulsentscheidungen verleiten zu lassen. Die kamen Schalke in der Vergangenheit teuer zu stehen.

Ist die Ursache eher bei der Beinarbeit zu verorten oder als Kopfsache? Wie so oft im Leben: etwas von beidem. Bein- und Kopfarbeit ergänzen und bedingen sich. Einerseits gibt jede Siegesserie Selbstvertrauen, sodass Spieler mutiger und selbstbewusster auftreten. Andererseits lässt eine Negativserie das Vertrauen in die eigene Leistungskraft brutal sinken. Wie gesagt: Wichtig ist aktuell, nicht die Nerven zu verlieren und dem Team auf und neben dem Platz in dieser schwierigen Phase den Rücken zu stärken.

Fehler können passieren, sie dürfen sich aber nicht wiederholen.

Axel Hefer

Als Aufsichtsrat habt Ihr sicherlich nach den Gründen für den schlechten Saisonstart gefragt? Natürlich – das ist Teil unserer Aufgabe. Die Frage stellt sich auch und vor allem, weil wir nach 2020/2021 schon zum zweiten Mal in einem kurzen Zeitraum in diese Negativspirale gekommen sind. Wir erwarten vom Vorstand und von der sportlichen Führung eine Aufarbeitung des Saisonstarts sowie eine offene und umfängliche Fehleranalyse. Fehler können passieren, sie dürfen sich aber nicht wiederholen. Das gilt für alle im Verein, selbstverständlich auch für uns als Aufsichtsrat.

Welcher Zeitraum ist für die Analyse angedacht?
Bis zum Winter wollen wir Klarheit darüber haben, welche Veränderungen und Anpassungen nötig sind – auf und neben dem Platz. Wir wollen die Erkenntnisse mit ins Wintertransferfenster nehmen. Diese Analyse ist absolut notwendig, damit der Verein langfristig erfolgreich arbeiten kann.

Der Aufsichtsrat hat in diesem Jahr zum ersten Mal das Ziel des „nachhaltigen Aufstiegs“ ausgegeben – was genau bedeutet das?
Nach dem katastrophalen Abstieg in der Saison 2020/2021 mussten wir in Rekordzeit unseren kompletten Kader austauschen – bei mehr als 40 Transferbewegungen im Sommer 2021 eine Mammutaufgabe, deren Folgen bis in die aktuelle Saison wirken. Wir brauchten einen wettbewerbsfähigen Kader und waren dadurch in dieser Situation dazu gezwungen, in hohem Maß auf Leihspieler zu setzen. Das war auch in der vergangenen Saison so, Leistungsträger wie Moritz Jenz, Alex Král, Sepp van den Berg und Tom Krauß konnten nur geliehen werden. Durch die hohe Anzahl von Leihspielern waren wir auch in diesem Jahr wieder gezwungen, auf Kernpositionen neue Spieler zu verpflichten. Diese Dynamik zu durchbrechen und eine Mannschaft aufzubauen, die nicht nur aufsteigen, sondern anschließend auch die Klasse halten kann, bedeutet vor diesem Hintergrund „nachhaltiger Aufstieg”. Diese Nachhaltigkeit braucht naturgemäß Zeit, kann also durchaus mehrere Jahre dauern. Darüber müssen sich alle Schalker im Klaren sein.

Ist die aktuell vorherrschende Situation vergleichbar mit 2020/2021, als Corona und Abstieg den Verein massiv erschüttert haben?
Absolut nicht. Der Abstieg zum Ende der Saison 2020/2021 war das Resultat eines langjährigen, schleichenden Verfalls – sowohl sportlich als auch innerhalb des Vereins. Zu diesem Zeitpunkt war Schalke tief gespalten. Trotz Rekordeinnahmen in der Champions League und durch das Gazprom-Sponsoring wurden Schulden nicht abgetragen, sondern immer weiter aufgebaut. Insgesamt wurden in wenigen Jahren über 150 Millionen Euro in Spieler investiert, von denen viele nur motiviert durch die Höhe des Gehalts kamen. Diese zweifelhafte Motivation hat sich auf dem Platz gezeigt. Geld allein schießt eben keine Tore. Die Unterstützung der Fans war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bedingungslos gegeben – und fiel durch Corona und die damit einhergehende Austragung der Spiele vor leeren Rängen komplett weg. Letztlich brach nicht nur die Mannschaft, sondern der gesamte Verein zusammen: Mehrere Aufsichtsräte traten zurück, und insgesamt fünf Trainer in einer Saison konnten den Kollaps nicht verhindern. Die Spielerverträge enthielten keine Klausel für die Zweite Liga, entsprechend mussten weiter Erstliga-Gehälter gezahlt werden. Der Abstieg, fehlende Zweitligaverträge und die Gesamtmarktlage aufgrund der Pandemie stürzten den Verein in die Existenzkrise. Die aktuelle Situation ist eine komplett andere: Wir haben innerhalb von zwei Jahren die Altschulden um circa 40 Millionen Euro reduziert, um die Handlungsfähigkeit des Vereins zu sichern. Die Gremien sind kompetent und stabil besetzt. Die Unterstützung der Fans ist beispiellos. Klar ist zwar auch, dass die Saison nicht einfach werden wird. Bis zum Saisonende sind aber noch mehr als 20 Spieltage zu absolvieren, und ich bin überzeugt, dass Trainer und Mannschaft in der Rückrunde deutlich stabiler auftreten werden.

Federführend für Strategie und Ausrichtung in den nächsten Jahren soll ein Vorstandsvorsitzender sein. Warum brauchen wir einen Vorstandsvorsitzenden?
In den vergangenen 20 Jahren wurde der Verein de facto durch den Aufsichtsratsvorsitzenden geführt, einen Vorstandsvorsitzenden gab es nicht. Durch diese Konstellation war eine wesentliche satzungsmäßige Kontrollinstanz, nämlich das Hinterfragen von wichtigen operativen Entscheidungen des Vorstands durch den Aufsichtsrat, nicht so gegeben, wie es sein sollte. Auch fand keine Festlegung einer Strategie zwischen Vorstand und Aufsichtsrat statt. Wir sind fest davon überzeugt, dass die 2021 eingeführte Struktur mit einem Vorstandsvorsitzenden den Verein nachhaltig erfolgreicher machen wird. Neben fachbezogenen Verantwortungs- und Entscheidungsbereichen unterliegt die Gesamtverantwortung in modern strukturierten Unternehmen dem Vorstandsvorsitz.

Warum ist Matthias Tillmann als Vorstandsvorsitzender von Schalke genau der Richtige? Und warum beginnt er erst zum 1. Januar 2024?
Matthias ist nicht nur ein sehr erfolgreicher moderner Manager, er hat auch in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn bewiesen, dass er selbst unter hohem Druck strategisch und wohlüberlegt agiert. Er hat genau die Durchsetzungsstärke, die es braucht, um notwendige Entscheidungen zu treffen und damit verbundene Änderungen vorzunehmen. Matthias ist noch bis zum 31. Dezember 2023 als Vorstand bei trivago tätig und übernimmt dann zum 1. Januar 2024 das Amt des Vorstandsvorsitzenden.

Was Axel Hefer genau vom neuen Vorstandsvorsitzenden erwartet, was er zu Klüngel-Vorwürfen sagt, und warum die Suche nach einem Hauptsponsor nicht nach Wunsch verlief – all das lesen S04-Mitglieder im Schalker Kreisel #2, der diese Woche erscheint, sowie im ausführlichen Interview exklusiv vorab im Vereinsheim.

Weitere Inhalte im Vereinsheim

Der neue Schalker Kreisel ist die zweite von 04 Ausgaben, die in der Spielzeit 2023/2024 erscheinen. Viele beliebte Kreisel-Rubriken bietet der S04 zusätzlich im Vereinsheim an. Immer neue Themen und Inhalte sorgen abseits der quartalsweise veröffentlichten Printmagazine für königsblaue Hingucker.

Noch kein Mitglied? Alle Infos zur Mitgliedschaft im Überblick

Seite teilen

Das könnte dich auch interessieren

231107_StBarbaraTag_Visual04_HD700

St. Barbara auf Schalke: Knappenkids unter Tage – jetzt anmelden!

Eine Erkundungstour wie tausend Meter unter der Erdoberfläche – das Trainingsbergwerk Recklinghausen bietet eine spektakuläre Atmosphäre und Bergbau zum Anfassen! Der Besuch der „Knappenkids unter Tage“ ist nur eines von vielen weiteren Highlights, die Königsblau anlässlich seiner Aktionstage der Heiligen St. Barbara auf Schalke für Fans anbietet.

231108_auswaertsfahrt_f95_slider

Jetzt anmelden: Knappenkids-Auswärtsfahrt nach Düsseldorf

Zum kommenden Auswärtsspiel am Samstag, 25. November, um 20.30 Uhr macht sich der Knappenkids-Club mit zahlreichen Mitgliedern auf die Reise nach Düsseldorf. 44 Plätze im Bus sind frei – wer sich zuerst meldet, fährt mit nach Düsseldorf.

230928_mitgliederkongress_slider

Zweiter Schalker Mitgliederkongress am 18. November

Königsblau lädt am 18. November zum zweiten Schalker Mitgliederkongress ein. Los geht es um 10.04 Uhr in der VELTINS-Arena. Der Kongress wird eine Vielzahl von Workshops zu essenziellen Themen rund um den S04 bieten. Alle interessierten Mitglieder haben dann wieder die Möglichkeit, einen ganzen Tag lang im Plenum und in verschiedenen Arbeitsgruppen zu diskutieren, Ideen zu entwickeln und kreativ zu sein.

230906_mitGEredet_HD700

Um 19.04 Uhr live im Vereinsheim: mitGEredet mit Peter Knäbel

Am Montag (11.9.) um 19.04 Uhr findet eine neue Ausgabe von mitGEredet statt. Den Fragen der Mitglieder stellt sich dabei Peter Knäbel, Mitglied des Vorstands. Er präsentiert das erste Schalker Sportkonzept, das Königsblau vor wenigen Tagen veröffentlicht hat.