Ein Abend unter Schalkern: „50 Jahre Parkstadion“ – als Siebert den Tresor nicht zubekam

(Beinahe) wegen Überfüllung geschlossen: In einem in „ausverkauften“ Pressekonferenzraum der VELTINS-Arena fand am Mittwoch (29.3.) der nächste „Abend unter Schalkern“ statt. „50 Jahre Parkstadion“ – die Erinnerung an die Eröffnung einer der Spielstätten der Königsblauen im Jahr 1973 lockte viele Zuhörer an, die in jenem Stadion als Fans groß wurden. Europameister Erwin Kremers, Ehrenspielführer Olaf Thon, Ex-Spieler „Magic“ Michael Prus und Reporter-Legende Manfred Breuckmann belohnten ihr Kommen mit herrlichen Anekdoten, bei denen viel gelacht wurde.

Ein Abend unter Schalkern: „50 Jahre Parkstadion“ – als Siebert den Tresor nicht zubekam

Den Reigen eröffnete der inzwischen 74-jährige Erwin Kremers, der im launigen Dialog mit Moderator Jörg Seveneick pointiert die Schwachstellen des Parkstadions offenlegte. „Die Glückaufkampfbahn habe ich geliebt, vor allem, weil die Fans so nahe dran waren und eine Beziehung entstand“, erinnerte sich der Europameister von 1972. „In dieser Beziehung war das Parkstadion eine Katastrophe: viel zu weitläufig und noch bei 30 Grad hat es darin gezogen.“ Für Unterhaltungswert sorgten für Kremers vor allem die Erinnerung an die Rolltreppe, mit der die Spieler aus der Kabine in zum Spielfeld herunterfuhren. Diese Fahrt habe „Terrier“ Bernd Thiele immer genutzt, um seinen Gegenspielern Ungemach für die anstehenden 90 Minuten anzukündigen. „Für seine Grätschen würde der Bernie heute nicht Rot sehen – man würde ihn gleich ins Gefängnis abführen.“ Wissendes Gelächter im Auditorium.

Wenn das Parkstadion gut und bestens besucht war, dann fielen Mängel hingegen wenig bis gar nicht auf. Dann war es zudem eine Goldgrube, wie Kremers anschaulich beschrieb. „In der ersten Saison gab es mal ein überraschend ausverkauftes Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Nach der Partie rief Präsident Günter Siebert meinen Bruder Helmut und mich aufgeregt ins Büro, weil er uns unbedingt was zeigen wollte: Der Tresor war dermaßen voller Geldscheine, dass Siebert ihn gar nicht zubekam, wie sehr er sich auch bemühte und sich mit seinem Körper dagegen warf.“

Michael Prus

Einen Kontrapunkt zu Kremers setzte Olaf Thon, für den das Parkstadion „das schönste Stadion der Welt war“. Klar, wer dort mit 18 Jahren erst die Bayern vorführt, im selben Jahr Nationalspieler wird und später als Kapitän der Eurofighter den UEFA-Cup gewinnt, hat warme Erinnerungen. Als noch einmal die Bilder des legendären 6:6 im Pokalhalbfinale gegen Bayern München gezeigt werden, wird es still, leuchtende Augen verdächtig schummrig – und am Ende gibt es Riesenapplaus, als hätte Thon seine drei Tore gerade erst erzielt.

Und viel Gelächter, als Olaf das Zustandekommen eines legendären Zurufs von Schiedsrichter Hans-Günther Wiesel rekapituliert. Der Unparteiische kommt Thon in der 123. Minute entgegen, als die Schalker beim Stand von 5:6 verzweifelt attackieren: „Komm Olaf, noch ein Angriff!“, ruft Wiesel dem Youngster aufmunternd, fast fordernd wie ein Trainer zu. Ließ sich Olaf nicht zweimal sagen und markierte das 6:6.

Besonders lebhaften Applaus erhielt Michael Prus. Der heutige U16-Bundestrainer spielte von 1986 bis 1996 für die Königsblauen. Immer ein unauffälliger, verlässlicher und unspektakulärer Teamplayer erhielt der gebürtige Rheiner irgendwann von den Fans (zunächst) augenzwinkernd den Beinamen „Magic“. Der 53-Jährige erinnert sich gern an seine Zeit im S04-Trikot zurück. Und an seinen magischen Moment: in 238 anderen Pflichtspielen gelingt ihm kein Tor – anders am 29. November 1988. Im Pokal-Wiederholungsspiel gegen den Viertligisten Saar 05 Saarbrücken erzielte Prus die ersten beiden Tore, dann gab es Elfmeter. Die gerade 4000 anwesenden Fans im Parkstadion forderten ausgelassen den Abwehrspieler als Strafstoßschützen. Doch es tritt wie fast immer in dieser Saison Andreas Müller an – und verwandelt. Per Video entschuldigt sich Müller 35 Jahre später bei Prus für die Verhinderung des lupenreinen Hattricks. Doch die ist gar nicht nötig: „Hätte er mir den Ball gegeben – ich hätte ihn Andy zurückgegeben. Ein Hattrick hätte einfach nicht zu mir gepasst“, meinte Prus lachend.

Ein Abend unter Schalkern: „50 Jahre Parkstadion“

Das Parkstadion aus anderer Warte betrachtete Manfred Breuckmann. Er erinnert sich vor allem an die große Distanz, die nicht nur die Fans in den Kurven, sondern auch die Hörfunk-Reporter auf der Obertribüne hatten. „Bisweilen waren da Spieler nur schwer zu erkennen, zumal die von den Gegnern“, schmunzelte der heute 71-Jährige. „Ich glaube, in keinem Stadion habe ich so oft gelogen wie im Parkstadion.“ Und verriet einen Trick: „Bisweilen war bei einem Tor der Schütze einfach nicht zu erkennen. Ich habe dann eine kleine Pause gemacht, die Szenerie, die Entstehung beschrieben – bis endlich der Name auf der Anzeigetafel erschien.“ Riesengelächter bei den Fans.

Nach fast 150 Minuten pfiff Moderator Jörg Seveneick schweren Herzens den vergnüglichen Abend ab. Alle Anwesenden inklusive der Interviewgäste gingen mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.

Zum Video im Vereinsheim

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