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Schalke und der FCN - wie alles begann
Schalke und der FCN: so eng ist sonst kein Club mit dem anderen im deutschen Fußball. Über vier Jahrzehnte währt diese Fanfreundschaft schon und hat an Attraktivität und Verbundenheit nichts eingebüßt. Im Gegenteil, sie ist über die Jahre allumfassend geworden und zeigt sich auch in sportlich stürmischen Situationen durch nichts zu erschüttern. Ein guter Grund, eine kleine Geschichte über echte Freundschaft zu erzählen.
Legendäre Verbindungen produzieren im Lauf der Jahre zahlreiche Mythen um ihre Wurzeln, so auch die seit über vier Jahrzehnten währende Freundschaft zwischen Schalke 04 und dem 1. FC Nürnberg. Wirklich lösen kann das Rätsel nur einer, der dabei war, und so beginnt alles mit einer Begegnung im Zug nach: Duisburg.
Aber von vorne. Der Blitz schlägt bei Peter Pangerl am 28. September 1974 ein. Der 14-jährige Regensburger besucht mit Cousine und Opa die Partie der Königsblauen beim FC Bayern München: Es ist die Initialzündung für alles, was kommt. Rüdiger Abramczik und Herbert Lütkebohmert erzielen die Treffer zum 2:0-Sieg der Knappen, viereinhalb Jahre waren die Bayern bis dahin ungeschlagen im Olympiastadion. Um Pangerl ist es geschehen: „Es waren nur 200 bis 300 Schalker im Stadion, aber es war ein unglaubliches Erlebnis für mich. Ab diesem Tag hat es mich gepackt.“
Einige Monate später fährt er erstmalig nach Gelsenkirchen zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt: „Mein Opa begleitete mich, obwohl er Bayern-Fan war, weil meine Mama mir nicht erlaubte, allein zu fahren.“ Nach dem Spiel kehren sie in der Vereinsgaststätte Haus Bosch ein: „Ernst Kuzorra saß dort an seinem Stammplatz.“ Dem ersten Besuch folgen bald viele weitere. Seine zwei Jahre ältere Lieblingscousine ist bereits häufig vor Ort und mit einigen Spielern wie Stan Libuda und Friedel Rausch gut bekannt. Für Pangerl gibt’s kein Halten mehr, mit 15 Jahren macht er sich langsam selbstständig, mit 16 wird er Allesfahrer: „Bis zur Bundeswehr-Zeit habe ich kein Spiel versäumt.“
An einem Freitag 1977 bricht er wie jedes Wochenende am frühen Abend mit dem Zug Richtung Gelsenkirchen auf. „In Frankfurt-Sachsenhausen legte ich immer einen Zwischenstopp ein“, berichtet Pangerl, den alle nur „Bazi“ nennen. Bis drei, vier Uhr zieht er durch die Kneipen, ehe der Zug einfährt. Auf der Weiterfahrt kommt er mit den FCN-Fans Monika Peisl und Stefan Peric ins Gespräch. In Duisburg trennen sich ihre Wege. Die beiden Clubberer fahren weiter zum Auswärtsspiel in Mönchengladbach, Pangerl lockt das Parkstadion. Doch alles beginnt immer mit einer ersten Begegnung: Das Trio ist sich über Vereinsgrenzen hinweg sympathisch und verabredet sich für die Rückreise. „Zurück in der Heimat luden sie mich nach Nürnberg ein, allerdings flogen damals noch zwischen beiden Vereinen brutal die Fetzen.“
Pangerl nimmt trotzdem an und besucht seine Gastgeber in der „Seerose“. „Das war damals ‚die‘ Nürnberger Fan-Kneipe.“ Man unterhält sich, alles bleibt friedlich. Kurz darauf folgt der nächste Besuch, zu dem Pangerl die Gästeliste erweitert. „Ich brachte 20, 30 Kumpels von der Gelsen-Szene mit“, was – zurückhaltend formuliert – nicht auf ungeteilte Begeisterung stößt: „Uns schlug der pure Hass entgegen.“ Aber auch diese Situation meistern sie gemeinsam, und so legt ein Besuch der Nürnberger zum Auswärtsspiel im Pott den Grundstein für die Freundschaft. In der Halbzeit wollen einige Schalker von der Nordkurve in den Gästeblock gehen, um die Franken zu „begrüßen“: „Sie wollten rüber und Ärger machen. Doch die Mitglieder der Gelsen-Szene gingen dazwischen und beschützten die Nürnberger vor den eigenen Fans.“ Ein Freundschaftsdienst mit Folgen.
Erstmalig werden die Schalker zu einem Turnier eingeladen, das der FCN-Fanclub Seerose regelmäßig ausrichtet. Die Clubberer unterhalten einige Freundschaften, so reisen insgesamt 24 Bundesliga-Fanclubs an. Das Motto „Wir sind Schalker, keiner mag uns …“ bekommt zu diesem Anlass eine ganz neue Qualität. „Wir stießen auf totale Ablehnung der anderen Mannschaften, aber die Nürnberger stellten sich hinter uns.“ Die Tatsache, dass die S04-Anhänger das Turnier gewinnen, sichert ihnen vielleicht den sportlichen Respekt, die Sympathien der anderen nun erst recht nicht. Für die Freundschaft mit den Franken allerdings bedeutet es die bestandene Feuertaufe. Der Mythos beginnt.
Heute gilt diese Verbindung als eine der längsten wie engsten im deutschen Fußball. „Was zwischen den Mitgliedern der beiden FCN-Fanclubs Seerose und Red Devils und der Gelsen-Szene begann, dehnte sich mit den Jahren auf weitere Fanclubs aus“, erinnert sich der 61-jährige Schalker, der den Anstoß gab, und Peter Pangerl erfreut sich noch heute daran: „Es ist schön zu sehen, was daraus entstanden ist.“ Dauerkartenbesitzer ist er immer noch, auch wenn er es nicht mehr zu jedem Heimspiel schafft und die Zwischenstopps in Frankfurt inzwischen Geschichte sind. Doch sein Herz brennt nach wie vor für Königsblau – und den FCN. Das Feuer der Begeisterung hat er weitergetragen, und heute lodert es in der ganzen Kurve.