SC Freiburg: Geduld, Mut und absolute Disziplin

Nach seinem Höhenflug im Vorjahr ist der SC Freiburg wieder in der Realität angekommen. In Panik gerät im Breisgau jedoch niemand, schließlich kennen sich die Verantwortlichen mit der Situation aus. Der Trainer setzt auf drei Grundtugenden.

Christian Streich, Trainer des SC Freiburg.

Nicht etwa der aufstrebende Vizemeister aus dem Osten Deutschlands – die größte Überraschung der vergangenen Saison war für viele Beobachter Leipzigs Mitaufsteiger. Mit dem drittniedrigsten Etat der Liga erreichte der SC Freiburg Platz sieben und begeisterte durch gepflegten und aktiven Ballbesitzfußball. Dank taktischer Disziplin und hohem läuferischen Aufwand errang das Team von Christian Streich seinen größten Erfolg nach Platz fünf 2012/2013. „Wir hatten letztes Jahr eine Ausnahmemannschaft”, blickt der dienstälteste Trainer der Bundesliga etwas wehmütig zurück.

Denn wie so häufig ereilte die Freiburger im Sommer der Fluch der guten Tat. Vincenzo Grifo und Maximilian Philipp verabschiedeten sich aus dem Breisgau – und mit ihnen 29 Torbeteiligungen aus der vergangenen Saison. Qualität, die für Jochen Saier nicht eins-zu-eins zu ersetzen war. „Wir machen Dinge mit Fantasie und Entwicklungspotenzial”, erklärte der Sportvorstand. „Es schmerzt nicht, es ist normal für Freiburg, dass die Besten weggekauft werden. Wenn niemand mehr unsere Spieler will, existieren wir nicht mehr lang”, wusste Streich die Abgänge in der Vergangenheit immer wieder aufzufangen. Doch das Wissen der Konkurrenz um Freiburgs Liquidität nach dem Rekordverkauf von Philipp erschwerte die Transferaktivitäten diesmal gehörig. So stand beim Trainingsauftakt kein einziger Neuzugang auf dem Platz.

Umso ungelegener kam der frühe Pflichtspielstart Ende Juli, als der Sportclub in der Qualifikation zur Europa League antreten musste. Zwar wirkte gegen den NK Domzale mit dem österreichischen Innenverteidiger Philipp Lienhart immerhin eine Neuverpflichtung mit. Doch die Mannschaft zeigte, dass diese Partien für sie zu früh kamen und schied nach einem 0:2 in Slowenien verdient aus.

Vielleicht lag jedoch genau in dieser Niederlage der Schlüssel zum Klassenerhalt. Denn auch ohne die Dreifachbelastung wird die Spielzeit für den Sport-Club herausfordernd genug. „Das macht uns keine Angst, weil wir nicht das erste Mal aus dieser Ausgangslage starten. Aber die Situation ist maximal kompliziert”, so Saier. Auch Streich äußerte vor dem Bundesligaauftakt leichte Bedenken. „Wir hätten jetzt gerne noch drei Wochen, um uns vorzubereiten.” Doch Jammern kommt für den 52-Jährigen, der bereits seit 1995 für den Verein tätig ist, nicht in Frage: „Geduld, Mut und absolute Disziplin – das wird die Überschrift für die kommende Spielzeit.”

Die bisherigen Auswärtsauftritte (ein Punkt und ein Tor in fünf Spielen) nähren leise Zweifel an der Ligatauglichkeit des SCF, die jedoch durch die Leistungen im heimischen Schwarzwald-Stadion gleich wieder zerstreut werden. Dort ist das Team noch ungeschlagen und wusste in sämtlichen Partien zu überzeugen. Dass neben dem Pokalerfolg gegen Dresden bislang dennoch nur ein Sieg (3:2 gegen Hoffenheim) heraussprang, lag an der mitunter unzureichenden Chancenverwertung. Mit nur zwei Treffern liegt Florian Niederlechner allein an der Spitze der Freiburger Torschützenliste.

Hinzu kommt das Verletzungspech, das derzeit einen Großteil der Defensive lahmlegt. Verstärkt wurde dies kürzlich durch das Derby in Stuttgart, in dem Innenverteidiger Caglar Söyüncü nach einemHandspiel auf Hinweis des Video-Assistenten die Rote Karte sah. Die Schlüsselszene des Spiels, das der Sport-Club letztlich 0:3 verlor. Nach dem überragenden Vorjahr befindet er sich also wieder in der Tabellenregion, in der er sich auskennt. Ein wichtiger Trumpf im Kampf gegen den Abstieg – neben den Freiburger Grundtugenden: Geduld, Mut und absolute Disziplin.

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